Nr. 23 vom 7. Juni 1997

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Es darf nicht geschehen, dass durch die Anwendung von Antibiotika, ob als Futterantibiotika oder als Mittel zur Therapie von Krankheiten bei Tieren, Resistenzen für die Anwendung beim Menschen entstehen. Es wäre ein zu hoher Preis für Produktionsvorteile in der Tierhaltung, wenn dadurch bestimmte Medikamente in der Anwendung beim Menschen ihre Wirksamkeit verlieren würden. In Deutschland wacht darüber das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin in Berlin. Das Institut verfügt über diverse Methoden, um Risiken dieser Art zu erkennen und zu vermeiden. Für den Laien am leichtesten nachzuvollziehen ist der Grundsatz, dass Stoffe, bei denen das Resistenzrisiko besteht, entweder nur bei Tieren oder nur beim Menschen eingesetzt werden.

In Schweden ist der Einsatz von Antibiotika in der Tierproduktion seit 1986 nur nach tierärztlicher Verschreibung gestattet. Der Einsatz in Form von Leistungsförderern ist verboten. International wurde zwischenzeitlich aufmerksam beobachtet, welche Folgen diese rigorose Entscheidung der schwedischen Regierung hat. Interessante Befunde hierzu bringt eine Studie von Prof. Jacques Viaene von der Universität Gent. Ein Verbot der in der Veredelungswirtschaft eingesetzten Leistungsförderer, so Viaene, bringt sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch negative Konsequenzen mit sich.

Laut Viaene haben sich die Kostenbelastungen für die schwedischen Landwirte und Verbraucher nach dem Verbot aufgrund eines erhöhten Futterbedarfs der Tiere erhöht. Auch erhöhte Produktionsverluste führten zu Kostensteigerungen. Schließlich wurde ein deutlicher Verbrauchsanstieg bei den therapeutisch eingesetzten Antibiotika festgestellt. In den ersten Jahren stieg dadurch sogar der Antibiotikaverbrauch in der Tierproduktion insgesamt.

Darüber hinaus resultierte aus dem höheren Futterverbrauch ein größerer Gülleanfall mit entsprechend negativer Wirkung für die Umwelt. Die Wissenschaftler halten das Problem der Antibiotikaresistenz durch die Abschaffung der Leistungsförderer daher für nicht gelöst.

Viaene verweist in seiner Studie auch auf eine Arbeit aus Westdeutschland aus dem Jahr 1989. Ein Verbot der Leistungsförderer hätte, ausgehend von einer Jahresproduktion von 36,5 Millionen Schweinen, die Haltung von zusätzlich 1,27 Millionen Tieren und einen Mehrverbrauch von schätzungsweise 965 000 t Futtermitteln notwendig gemacht. Nur so könnte eine entsprechende Produktion von Schweinefleisch aufrecht erhalten werden.

Damit wäre das Gülleaufkommen um 2,9 Mio. m3 im früheren Bundesgebiet angestiegen. Entsprechende Kalkulationen, die einen klar negativen Effekt für die Umwelt erkennen lassen, können laut Viaene auch für alle übrigen EU-Mitgliedsländer vorgenommen werden. Wie Viaene in der Studie ausführt, muss die Tierproduktion innerhalb der Europäischen Union alle ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nutzen, um den Herausforderungen begegnen zu können, die sich aus den Vereinbarungen im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) ergeben. Innerhalb eines offenen Weltmarktes benötigten die europäischen Landwirte deshalb Zugang zu allen Technologien, die sie in die Lage versetzen, Kosten zu minimieren und wettbewerbsfähig zu bleiben. Zwar bestünden alternative Produktionssysteme für Fleisch; diese erforderten jedoch höhere Produktionskosten.

So hat sich eine politische Entscheidung als falsch erwiesen, obgleich sie 1986 in der schwedischen Bevölkerung fast ausschließlich positive Resonanz gefunden hatte. Es bleibt abzuwarten, ob die jetzige schwedische Regierung den politischen Mut haben wird, an die Stelle der einst populären Entscheidung eine sachlich richtigere zu setzen.