Nr. 29 vom 19. Juli 1997

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Als Anfang der achtziger Jahre die Diskussion um den Nationalpark Schleswig - Holsteinisches Wattenmeer heiß geführt wurde, gab es nicht wenige, die den Nationalpark rundweg ablehnten. Für die Region war es gut, dass die Zahl der strikten Gegner dann abnahm, heute ist sie klein. Kritik richtet sich nicht mehr gegen das Ganze, sie konzentriert sich auf einzelne Punkte. Das Beispiel Küstenschutz und Schafbeweidung, in dem die Argumente immer deutlicher werden, sei hier angeführt, verbunden mit der Hoffnung auf Einsicht beim Nationalparkamt.

Inwieweit die Diskussion um den Synthesebericht die Sache voranbringen wird, bleibt abzuwarten. Die an vielen Stellen laufenden Arbeiten an Stellungnahmen sind noch nicht abgeschlossen. Im Herbst werden dann die Standpunkte ausgetauscht. Ein vorläufiger Blick zeigt, dass der Synthesebericht ein Werk mit vielen Mängeln zu sein scheint. Als "Grundlage für einen Nationalparkplan", so ist der Bericht auf der Titelseite benannt, wird er wohl nur dann dienen können, wenn es zu einer großen Zahl von Korrekturen kommt. Die die Landwirtschaft betreffenden Teile zeigen besonders viele Schwächen. Dies und die Befürchtungen der Bauern zur landseitigen Erweiterung haben Sorgen erzeugt, der landwirtschaftliche Berufsstand wird sich aber konstruktiv an der Anhörungsphase beteiligen.

Öl ins Feuer gegossen hat vor einigen Tagen der Bundesvorsitzende des Naturschutzbundes Deutschland (NABU), Jochen Flasbarth. Als "hoher" (Originalton Dr. Scherer) Besuch weilte er im Nationalparkamt. "Der Nationalpark entspricht nicht dem internationalen Mindeststandard", so hat er gesagt. Die Menschen vor Ort aber fürchten sich schon heute deswegen, dass wir an der Westküste eine Einbindung in mehr als zehn internationale Abkommen haben. Sie schauen nicht mehr durch, sind entsprechend verunsichert und stellen die Frage: "Was ist wichtiger, wir oder irgendwelche internationalen Standards?"

Mehr Flächen ohne den Einfluss des Menschen, so Flasbarth weiter. Und dann die landseitige Erweiterung: Flasbarth bezeichnete den 150 - Meter - Streifen als ökologisch unsinnig und brachte wieder die hauptamtlichen Ranger ins Gespräch. Mit 50% Nullnutzung als Forderung und der Bewertung des jetzigen Zustandes als Etikettenschwindel ging es weiter.

Unter seinen harten Worten das schlimmste aber war die angebliche "seit Monaten anhaltende Stimmungsmache ....und der martialische Ton ...gegen den Nationalpark". Er scheint nichts begriffen zu haben. Es gibt keine Stimmungsmache gegen den Nationalpark, jedenfalls noch nicht. Es gibt das Bemühen vieler, das aus dem Synthesebericht aufgebaute Potential an Sorgen aufzuarbeiten und in die Diskussion zu bringen. Seine Worte, wonach die Touristen wegen der Diskussion um den Synthesebericht fernbleiben würden, weil sie die Bewohner unserer Westküste für intolerant halten müssten, kann man nur als ätzend bezeichnen. Solange Toleranz ein Begriff ist, der sich auf das Verhalten gegenüber Menschen bezieht, liegt die Intoleranz allenfalls bei Flasbarth.

Der Sache des Nationalparks hat er einen Bärendienst erwiesen. Denn eines hat er klar gemacht. In seinen Kreisen ist unser Nationalpark überhaupt "kein Nationalpark". Denkt man dies konsequent zu Ende, müssen alle sich vor dem "wirklichen" Nationalpark im Sinne von Flasbarth fürchten, die zu denen gehören, die ihr Geld im Wirtschaftsleben verdienen. So müssen sie zwangsläufig zu wirklichen Gegnern des Nationalparks werden. Bald kann es die ersten geben, die Flasbarth für seine Offenheit dankbar sind und ihre Einstellung zum Nationalpark entsprechend einrichten. Dann hat er seine Gegner, die er bisher fälschlich ausmachte, wirklich. Bleibt nur zu hoffen, dass dies nicht sogar seine Absicht war.