Nr. 33 vom 16. August 1997

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Man sollte meinen, eine Zeitung, die zu Deutschlands angesehensten Blättern gehört, müsste auf derartigen Unfug verzichten können, wie wir ihn jüngst dort unter der Rubrik "Jugend und Umwelt - Zeitung in der Schule" zu lesen bekamen. Eine Münchener Schulklasse hatte eine auf Ökobrot spezialisierte Bäckerei besichtigt und berichtete darüber nun auf einer ganzen Seite der großen Zeitung.

Das, was die Bäcker den Schülern geboten hatten, konnte von diesen natürlich nicht ohne weiteres nachgeprüft werden. Die Zeitung hätte die Berichte der Schüler aber so ohne Nachprüfung eben auch nicht abdrucken dürfen. Denn, neben einigen durchaus interessanten Details ging es immer wieder um eine totale Verunglimpfung der Masse von über 98% der deutschen Bauern. Die Bäckerei habe die zunehmende Belastung des Grund - und Trinkwassers mit Nitraten und Pestiziden aus der Landwirtschaft nicht mehr unterstützen wollen. Kein Wort davon, dass der Ökolandbau bei Nitrat grundsätzlich dieselben Risiken hat wie der konventionelle Landbau. Kein Wort auch davon, dass es in Deutschland keine gesundheitlichen Risiken durch Pflanzenschutzmittel im Trinkwasser gibt. Aber das Wort "zunehmend", ohne das es bei Schreckensszenarien offensichtlich auch dann nicht geht, wenn das Gegenteil die Wirklichkeit ist, darf natürlich nicht fehlen.

Wenn es dann weiter heißt, die konventionelle Landwirtschaft nehme wenig Rücksicht auf die Umwelt, die hier durch chemische Düngung, hohen Spritzmittelaufwand und einseitige Fruchtfolgen stark belastet werde, ist das zumindest bezüglich der "chemischen Düngung" und ihrer angeblich umweltbelastenden Wirkung wieder das Gegenteil von der Wirklichkeit. Wenn es irgendwo Probleme mit einer Nitratbelastung des Grundwassers durch landwirtschaftliche Düngung gibt, sind es regelmäßig gerade nicht die mineralischen Düngemittel sondern die organischen.

Der Gipfel aber waren Antworten des Inhabers der Bäckerei auf gezielte Fragen der Schüler. Bevor er solche Antworten gibt, sollte er sich erst einmal sachkundig machen. Am besten wäre es, er würde seine Lieferanten selbst befragen.

Also, ein Schüler fragte, ob denn bei Ökogetreide wirklich ganz auf Düngemittel verzichtet werde. Die Antwort wörtlich:

"Ja, das kann ich mit gutem Gewissen sagen. Für 16 Millionen Pfisterbrote, die wir im Jahr herstellen, bleiben 33000 ha Kornfeld ungedüngt und ungespritzt. Das erspart der Umwelt jährlich etwa 470 Tonnen Düngemittel und sechs Tonnen Pestizide". Bezüglich des völligen Verzichts auf Düngung ist es mit Sicherheit eine glatte Lüge, und die Zahlen stimmen hinten und vorne nicht: Sechs Tonnen Pflanzenschutz auf 33000 ha würden 182 g pro ha bedeuten. Mit so wenig geht es in der konventionellen Praxis leider heute noch nicht. Andererseits würde bei einem Ertrag von z.B. nur 40 dt/ha jedes Brot über 8 kg wiegen.

Auf die Frage, wie er sicher gehen könne, dass "die Bauern sich tatsächlich daran halten", verwies er auf Getreide mit zwei Metern Wuchshöhe und das Fehlen von Fahrspuren. Wenn man das sehe, könne man sicher sein, dass dort wirklich auf rein ökologische Art angebaut werde. So einfach ist es also: Bei Verzicht auf jegliche Düngung wird das Getreide zwei Meter hoch, und daran kann man es erkennen. Er verweist dann noch auf Stichproben, die "wir durchführen"; und ihm kann man schließlich vertrauen, wie sich aus dem Wahrheitsgehalt seiner sonstigen Äußerungen schließen lässt. Damit schließt er auch seine ökologischen Lieferanten in seine Verleumdungsrede mit ein, indem er deren sonstige Kontrollsysteme unerwähnt lässt. Die große Zeitung hätte besser daran getan, den Bäcker nur zum Backen zu befragen und sich bei den anderen Fragen denen zuzuwenden, die etwas davon verstehen.