Nr. 42 vom 18. Oktober 1997

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Immer mehr kluge Leute versteigen sich zu der Meinung, man müsse die deutschen Böden vor ihren Eigentümern bzw. Nutzern, den Landwirten, schützen. All diesen sei gesagt, dass die Landwirte am besten selbst wissen, wie sie sich zu verhalten haben, und dass die von Jahr zu Jahr steigenden Erträge nicht gerade ein Indiz für verkommene Böden sind. Besonders die Erosion, die in anderen Regionen der Erde ein ernstes Problem ist, hat es den klugen Leuten auch in Deutschland angetan. Sie erfinden hierzu immer neue Schreckensszenarien. 120 Mio. Tonnen ist eine gewaltige Menge. "Zukunftsfähiges Deutschland" , eine Studie des sogenannten Wuppertalinstituts, bei dem auch die frühere Umweltministerin des Landes Schleswig - Holstein jetzt als Abteilungsleiterin tätig ist, brachte diese Zahl als die Menge, die in den alten Bundesländern durch Erosion im Durchschnitt der letzten Jahre von der landwirtschaftlichen Nutzfläche abgetragen worden sein soll.

Umgerechnet wären es 10 bis 11 Tonnen pro Hektar. Da die Wuppertal - Leute schon häufiger mit Äußerungen an die Öffentlichkeit gegangen sind, die der Wirklichkeit nicht entsprechen, hatten wir an dieser Stelle schon vor einem Jahr Zweifel angemeldet; behaupten die Wuppertal - Leute doch auch, die Probleme der Bodenerosion hätten sich in den zurückliegenden Jahrzehnten in Deutschland verschärft, was eindeutig nicht der Wirklichkeit entspricht. In Schleswig - Holstein kennen wir die wichtigsten Fakten hierzu genau: Hoher Anteil von Winterfrüchten, ideale Verteilung von Ackerland auf schwerere Böden und Grünland konzentriert auf dem Mittelrücken, die Windschutzpflanzungen des Programms Nord und vieles mehr. Im letzten Oktober hatten wir hier die Frage untersucht, wie viel es anschaulich dargestellt wirklich wären, wenn die Zahl 120 Mio. Tonnen denn wahr wäre. Wir kamen zu dem Ergebnis, dass es um eine Bodenschicht von ½ mm gehen würde, eine 30 cm dicke Ackerkrume wäre damit ein Reservoir für 600 Jahre. Nur, die Zahl von 120 Mio. Tonnen ist eben nicht wahr! Neuere Untersuchungen in Gebieten mit vergleichsweise hoher Erosionsgefährdung haben Werte um die 3 Tonnen pro Hektar ergeben, auf der Gesamtfläche dürfte es weit weniger sein, in den meisten Regionen Schleswig - Holsteins näher bei 0, als bei den in Problemgebieten gefundenen Werten. In den Lehrbüchern finden wir Werte für Mitteleuropa von 0,1 mm pro Jahr, was 2 Tonnen entsprechen würde.

Das wichtigste übersahen die Wuppertaler aber völlig. Aus einer Erosionsrate von 2 Tonnen, in Schleswig - Holstein liegt sie mit Sicherheit weit darunter, würde sich nach der Berechnungsweise der Wuppertaler für die alten Bundesländer zwar immer noch eine Menge von 24 Mio. Tonnen ergeben. Nur, tatsächlich verlässt eine solche Menge niemals die landwirtschaftlichen Nutzflächen, weil das meiste Erosionsmaterial auf den Flächen selbst wieder abgelagert wird. Nach neueren Untersuchungen sind es über 90%, so dass sich die Schreckenszahl weiter verringert, von 120 Mio. auf weniger als 2 Mio.. So würden theoretisch aus den eben genannten 600 Jahren über 36000 Jahre. Bedenkt man, dass allein im Laufe der letzten 40 Jahre die Ackerkrumen um ca. 10 cm vertieft wurden, relativiert sich das Problem immer mehr. In dem kleinen Rest ist dann auch noch der Gewässeraushub enthalten, der in periodischen Abständen wieder auf der Fläche landet. Übrigens: Die Marsch, auch die alte Marsch, verdankt ihre Existenz weitgehend der Erosion, ein so ganz neues Phänomen scheint sie also nicht zu sein.

Auf eines werden wir uns alle einigen können : Erosion sollte - so gut es geht - vermieden werden. Die Bauern haben kein Interesse daran, ihre Böden zu schädigen, sie wissen, wie sie sich zu verhalten haben und lernen auch noch ständig dazu. Geschützt werden müssen die Böden vor allem gegen Einflüsse von außen, wobei die Bauern nicht geringe Aufwendungen tätigen, z.B. für die Kalkung, um mit diesen Einflüssen fertig zu werden.