Nr. 45 vom 8. November 1997

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Man sollte viel mehr rechnen im Leben. Durch Ergebnisse praktischer Rechenaufgaben erhält man so manche Hilfe mit nachfolgenden ökonomischen und oft auch ökologischen Vorteilen. Die Eco - Trainer von Daimler - Benz haben ein geradezu verblüffendes Beispiel hierzu geliefert. Zwei Autofahrer legen mit gleichen Autos jeder 200 km zurück. Einer von ihnen fährt konstant 130 km/h und ist, wie man leicht errechnen kann, nach 92 Minuten und 18 Sekunden am Ziel.

Der zweite Fahrer fährt die ersten 100 km mit 100 km/h und die zweiten 100 km mit 160 km/h. Für den ersten Teil braucht er selbstverständlich genau 60 Minuten. Für den zweiten Teil hätte er dann im Vergleich mit seinem Kollegen noch 32 Minuten und 18 Sekunden zur Verfügung. In dieser Zeit schafft er bei 160 km/h aber keine 100 km. Nach 30 Minuten hat er 80 km geschafft und für die restlichen 20 km nur noch 2 Minuten und 18 Sekunden zur Verfügung; tatsächlich braucht er bei seiner Fahrweise gut fünf Minuten länger. Er fährt eben nicht 130 km/h im Durchschnitt, rechnen Sie es nach. Er fährt 60 Minuten lang mit 100 km/h und nur 37 ½ Minuten mit 160 km/h, im Durchschnitt also nur 123 km/h.

Nun sind fünf Minuten nicht viel, und es war auch nicht der Sinn des Rechenbeispiels der Daimler - Leute, die Menschen zur Eile anzutreiben. Es ging ihnen um die 5 % Einsparung an Treibstoff, die die gleichmäßige Fahrweise einbrachte. Und das ist, bezogen auf den Gesamtspritverbrauch aller deutschen Autos, wirklich viel. Es sind nämlich 3 Mio. Tonnen Treibstoff, eine Energiemenge, die etwa der Menge entspricht, die zur Herstellung des in Deutschland jährlich verbrauchten Stickstoffdüngers gebraucht wird. Vergleicht man die beiden Mengen, geht es in dem einen Fall allerdings um die Sicherung der Ernährung in Deutschland, und um eine unter Berücksichtigung des Brennwertes der Ernte per Saldo positive Energiebilanz. In dem anderen Fall geht es um unüberlegtes Verhalten beim Autofahren, das sich mühelos abstellen ließe.

Liest man weiter in den Berichten von Daimler, findet man sogar noch erheblich höhere Einsparpotentiale beim Autofahren. Wer im niedrigeren Geschwindigkeitsbereich fleißig schaltet und so niedertourig wie möglich fährt, kann im Vergleich mit "sportlichen" Fahrern bis zu 30 % einsparen. Nach einer anderen Untersuchung werden Jahr für Jahr sechs bis sieben Millionen Tonnen Sprit vor roten Ampeln, geschlossenen Schranken und im Stau verblasen. Angeblich soll es sich schon lohnen, wenn zwischen dem Abstellen des Motors und dem Neustart mindestens zwölf Sekunden liegen.

Derartige Maßnahmen dürfen selbstverständlich nicht zu Lasten der Sicherheit gehen. Wer z. B. auf Gefällestrecken den Motor abstellt, handelt schlicht verantwortungslos. Aber nehmen wir einmal nur die Spritmengen, die deswegen verbraucht werden, weil Leute sich per Gaspedal abreagieren. Auch das ist bei den Daimler - Tests herausgekommen: Bremsen ist die reinste Form der Energieverschwendung. Wer unnötig forsch Gas gibt und die Sicherheit nur durch ebenso unnötig forsches Bremsen gewährleistet, kann unglaublich hohe Verbrauchswerte erreichen.

Der ADAC hat deshalb gefordert, die Technik immer weiter zu verbessern, um den Unzuverlässigkeitsfaktor Mensch entsprechend immer weiter zurückzudrängen: Wir brauchen Getriebe, die dem Fahrer mitteilen, wie er zu fahren hat, ähnlich wie bei Waschmaschinen, die das Waschmittel selbst dosieren. Die "Dreiliterautos" sind nicht nur ein Ergebnis günstigerer Luftwiderstände und besserer Motoren, intelligent müssen sie sein, um beim Menschen das an Einsicht zu ersetzen, was im Einzelfall gerade fehlt.