Nr. 46 vom 15. November 1997

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Es gibt Menschen, denen es offenbar Glücksgefühle vermittelt, Schreckensmeldungen zum Thema Umweltschutz zu verbreiten. Andererseits werden sie todunglücklich, wenn sie zu diesem Thema eine Erfolgsmeldung über die Lippen oder zu Papier bringen müssen; sie unterlassen es deshalb auch konsequent. Manche von ihnen begeben sich auch auf das Gebiet der Halbwahrheiten und Verdrehungen. Soweit es sich hierbei um einzelne Personen ohne große Verantwortung handelt, wird man sie als toleranter Mensch gewähren lassen.

Anders sieht es aus, wenn es sich um Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens handelt, oder gar um Vertreter wichtiger Organisationen. Handelt es sich dann sogar um eine Bundesbehörde mit mehr als 1000 Planstellen, hört der Spaß endgültig auf. Womit wir beim Berliner Umweltbundesamt (UBA) wären, das im Gebäude der früheren Zentrale des Reichsarbeitsdienstes untergebracht ist und das eben beschriebene Spiel mit konstanter Regelmäßigkeit immer wieder betreibt. Heute soll es um die jüngsten Veröffentlichungen dieser Großbehörde zum Thema "Pflanzenschutzmittel (PSM) im Grundwasser" gehen.

Bekanntlich hat es in Deutschland auf diesem Gebiet noch keine wirklichen Gesundheitsgefahren gegeben, sondern es gibt nur extrem strenge Grenzwerte, die in wenigen Fällen überschritten wurden. Nun nimmt die Zahl dieser Überschreitungen seit einigen Jahren kontinuierlich ab, und es lässt sich ausrechnen, wann das Problem endgültig gegen Null gehen wird. Vor zwei Jahren schien diese gute Entwicklung für das UBA ein "Problem" zu werden, das dann auch auf recht eigenwillige Weise "gelöst" wurde. Man gab Tabellen heraus, in denen allen bisherigen Funden die Funde des betreffenden Jahres hinzuaddiert wurden. So machte man es für mehrere Jahre. Das Resultat waren ständig steigende Zahlen; beim fortlaufenden Addieren werden bekanntlich die Zahlen immer größer, es sei denn, man addiert negative Zahlen hinzu. Auf der vorletzten Grünen Woche machte der Deutsche Bauernverband wegen dieser unglaublichen Vorgehensweise des UBA gehörigen Wirbel, so dass den Berlinern nichts anderes übrig blieb, als damit aufzuhören. Aber geschlagen gaben sie sich nicht. In jüngster Zeit gab es zwei neue Veröffentlichungen aus der ehemaligen Arbeitsdienstzentrale mit neuen "Lösungen".

In der Broschüre "Nachhaltiges Deutschland", einer Schrift mit sehr hoher Auflage und entsprechender Verbreitung gibt es jetzt eine Tabelle, in der alle bisherigen Funde von PSM im Grundwasser ohne Aufschlüsselung nach Jahren zusammengefasst sind. Es wird also nicht mehr der falsche Eindruck steigender Zahlen erweckt, sondern "nur" noch mit großen Zahlen operiert. Diese sind aber so hingestellt, dass der beabsichtigte Schauder beim Leser wieder gesichert ist.

In den "Daten zur Umwelt Ausgabe 1997", ebenfalls vom UBA herausgegeben, hat man einen noch anderen Weg gefunden. Um diesen Weg verstehen zu können, vorweg aus der entsprechenden Veröffentlichung von 1988 ein Auszug aus einer Darstellung von eineinhalb Seiten unter der Überschrift "Pflanzenschutzmittel im Grundwasser": "In den letzten Jahren haben Untersuchungsergebnisse von Trink- und Grundwasser immer häufiger Überschreitungen der ... Grenzwerte ... aufgezeigt". 1997 gibt es kein eigenständiges Kapitel für Pflanzenschutzmittel in Grund- und Trinkwasser mehr, sondern nur noch fünf Seiten zur generellen Qualität des Trinkwassers in Deutschland. Über Pflanzenschutzmittel findet sich in der ersten Hälfte, die ganz Deutschland betrifft, nichts. In der zweiten Hälfte, speziell zu den neuen Ländern gibt es einen Hinweis auf "Pestizide" (wohlgemerkt: 1988 hießen sie auch für das UBA noch Pflanzenschutzmittel). Im Vergleich zu 1988 hätte es jetzt entsprechend heißen müssen: " ... immer seltener... ". Aber mit einem solchen Hinweis wollten sie sich wohl nicht unglücklich machen....