Nr. 50 vom 13. Dezember 1997

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Seit mehreren Jahren bemühen wir uns an dieser Stelle, gegen falsche Beurteilungen, insbesondere im Umweltbereich, mit der jeweils richtigen Version anzuhalten. Dabei geht es meist um Gegendarstellungen zu Beurteilungen oder auch Meinungen, die weit verbreitet sind bzw. waren; weit verbreitet durch Medien und einseitige Propagandisten, denen es gelungen war, den Menschen die Unwahrheit einzuimpfen.

Mit der Frage, weshalb die Menschen sich immer wieder Unwahres weiß machen lassen, haben sich gerade in jüngster Zeit vermehrt auch Wissenschaftler beschäftigt. An der britischen Universität in Hertfordshire wurden 41000 Menschen befragt, denen Lügengeschichten über Fernsehen, Radio und Zeitung aufgetischt worden waren. Je einem Drittel von Ihnen stellte man Fragen zu den Lügen über Fernsehen, zu den Lügen über Radio und zu den Zeitungsenten. Am skeptischsten waren die Radiohörer, von denen nur 26,6% die Märchen glaubten. Dann folgten die Zeitungsleser, die sich nur zu 35,8% leimen ließen. Am naivsten waren die Fernsehzuschauer, von denen 48,2% die Lügen für die Wahrheit hielten.

Die Art des Mediums scheint also Einfluss darauf zu haben, wieweit Meinungsbildner in der Intensität der Verdrehung der Wahrheit gehen können. Warum das so ist, hängt mit dem zusammen, was die Meinungsforscherin Frau Noelle - Neumann die Schweigespirale nennt. Das, was Menschen für die herrschende Meinung halten, übernehmen sie mehr oder weniger kritiklos. Und es ist denn wohl so, dass Meinungen in Fernsehsendungen mehr als in anderen Medien für die herrschende Meinung gehalten werden.

Der amerikanische Sozialpsychologe Salomon Asch ist dieser Frage in Experimenten nachgegangen. Zwölf Gruppen von jeweils acht Personen wurden drei verschieden lange Linien gezeigt, und sie wurden angewiesen, die längste der drei Linien zu benennen. Dieser Test wurde mit jeder Gruppe sehr oft wiederholt. Nun waren von den acht Personen sieben eingeweiht und hatten den Auftrag, von einem bestimmten Zeitpunkt an nur noch falsche Aussagen zu dieser simplen Frage zu machen. Eine der Personen in jeder der zwölf Gruppen war nicht eingeweiht, und um deren Verhalten ging es.

Zehn dieser zwölf menschlichen Versuchskaninchen fielen früher oder später um. Sie hielten es nur eine begrenzte Zeit aus, immer im Widerspruch zu den sieben anderen zu stehen. Irgendwann fingen sie an, bei ihrer Stimmabgabe zu zögern, warteten schließlich solange bis die übrigen sieben sich geäußert hatten und votierten dann in deren Sinne. Nur zwei von ihnen blieben standhaft und schlossen sich der Mehrheitsmeinung nicht an. Oder anders ausgedrückt, die zehn Umfaller trauten sich keine eigene Meinung mehr zu und übernahmen die "Expertenmeinung". Nur von jedem fünften können wir erwarten, dass er zur Bildung einer wirklich eigenen Meinung in der Lage ist.

Ja, es soll viele Menschen geben, die nach einer Wahl, bei der sie die Partei mit den meisten Stimmen gewählt haben, allein deswegen der Meinung sind, "richtig gewählt" zu haben, weil sie bei der Mehrheitsmeinung sind.

Nun aber zurück zum Medium Fernsehen. Einer ihrer bekanntesten war es, der edle Fernseh-Journalist Franz Alt, dem übrigens vor wenigen Jahren sein Heiligenscheinimage auf Grund bestimmten privaten Verhaltens beinahe abhanden gekommen wäre; ihn nehmen wir hier als Kronzeugen. In einem plötzlichen Anfall von Offenheit äußerte er sich eines Tages so: "Aber natürlich gibt es hier keinen objektiven Journalismus, aber natürlich müssen wir manipulieren - im Fernsehen noch mehr als beim Rundfunk und bei der Zeitung und im Magazin noch mehr als bei der Tagesschau....".