Nr. 8 vom 21. Februar 1998

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Gutes, unbelastetes Trinkwasser ist knapp und kostbar". So liest es sich auf vielen Aufklebern. Man kann unser Trinkwasser ohne Einschränkungen als gut bezeichnen. Ob eine Sache aber kostbar ist, misst man am besten am Preis. In Deutschland liegen die Wasserpreise in einer Größenordnung von deutlich weniger als einem Pfennig pro Liter, es sind nur Bruchteile eines Pfennigs. Wollte man die täglich verbrauchte Trinkwassermenge eines Durchschnittsbürgers einzeln kaufen und müsste man dafür nur den durchschnittlichen Wasserpreis zahlen, gäbe es in Deutschland dafür überhaupt kein Zahlungsmittel; denn der Pfennig ist bei uns nun einmal die kleinste Münze. Bei uns ist es teurer, das Abwasser zu beseitigen, als Trinkwasser bereitzustellen.

In Spanien zahlt man für Trinkwasser immerhin Beträge von rund 150 Peseten für 5 Liter, also knapp zwei Mark. Aus den Wasserleitungen kommt dort nur Wasser, dass zum Trinken nicht geeignet ist. Das Trinkwasser kostet dort also immerhin für die tägliche Verbrauchsmenge knapp eine Mark. Kostbar ist es damit im Vergleich mit anderen Wirtschaftsgütern aber immer noch nicht, und der Anteil des Kanisters am Preis dürfte vergleichsweise hoch sein, der reine Wasserpreis also entsprechend niedriger. Auch in Spanien kosten fast alle Güter des täglichen Lebens mehr als das Trinkwasser, sie sind damit also kostbarer. Man wird es wohl so sagen können: wer bei uns Trinkwasser als kostbar bezeichnet, ist nicht ganz bei Trost. Auf den oben erwähnten Aufklebern steht schlichter Unfug, der noch dadurch auf die Spitze getrieben wird, dass man diese Aufkleber vornehmlich in der Nähe von Spültoiletten, Badewannen und Duschen findet, nämlich in den Badezimmern von Hotels.

Durch diese Art der Placierung wird auch die zweite Aussage der Schildchen widerlegt, wonach Trinkwasser angeblich knapp sein soll. Warum aber gibt es diese Texte in den Hotels? Die Antwort ist klar, die Hoteliers wollen Kosten sparen, aber nicht für Trinkwasser, sondern Wäschereikosten für Handtücher etc.. Der eigenartige Text dient nämlich der Begründung für den Hotelgast, die Handtücher unter Umständen auch ein zweites Mal zu benutzen. Gegen den durchaus sinnvollen Vorschlag ist überhaupt nichts einzuwenden, warum aber muss er so windig begründet werden?

Wir alle kennen den Grund. Die Formulierung hat Umwelttouch, wie man auf neudeutsch zu sagen pflegt. Sie liegt damit auf einem Trend, wonach sich fast alles besser verkauft, wenn es diesen Touch hat, notfalls auch nach dem Motto: "reim Dich, oder ich fress Dich!" Solche offensichtlichen Unwahrheiten haben aber nur eine begrenzte Lebensdauer. Denken wir an das Märchen von des Kaisers neuen Kleidern. Irgendwie hatten sie es schon alle gesehen, dass der Kaiser überhaupt keine Oberbekleidung trug und die Geschichte, er habe besonders schöne neue Kleider, nicht wahr war. Dem kleinen naiven Jungen war der Ausspruch "er hat doch gar nichts an!" vorbehalten, alle anderen hatten sich nicht getraut oder waren gar in ihrer Urteilsfähigkeit beeinträchtigt.

Irgendwann wird es auch den "kleinen naiven Jungen" oder viele davon nebst der dazugehörigen Mädchen in der Umweltdiskussion geben. Es bleibt zu hoffen, dass dann nicht das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird, dass nicht auch die Dinge im Umweltschutz in Verruf geraten, die wirklich mit Umweltschutz zu tun haben und die notwendig sind. Übrigens steht auf den meisten der Aufkleber in den Badezimmern der Hotels auch die wirkliche Begründung, dass es nämlich um die Einsparung von Wäschereivorgängen geht. Aber auch insoweit haben die Formulierungen Umwelttouch. Von Kosten steht da meist nichts, wohl aber von Waschmitteln im Abwasser etc.. Insoweit ist die Umweltbegründung sogar sachgerecht; am schönsten ist es aber, wenn auch das wirkliche Motiv der Hoteliers draufsteht, nach dem Motto: ehrlich währt am längsten.