Nr. 12 vom 21. März 1998

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

20 Mill. DM seien in den zurückliegenden fünf Jahren für Agrarumweltprogramme in Schleswig-Holstein ausgegeben worden. Stolz wird aus Kiel gelegentlich auf diese Zahl hingewiesen. Es geht dabei um Mittel für die verschiedensten Zwecke, von der Förderung des ökologischen Landbaus über bestimmte Extensivierungsverfahren bis zur Förderung der Zucht vom Aussterben bedrohter Nutztierrassen. 20 Mill. DM in Schleswig-Holstein, ist das wirklich ein Grund, stolz zu sein? Es handelt sich damit um durchschnittlich 4 Mill. DM pro Jahr oder um 4,– DM pro Hektar der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche und Jahr. So ganz üppig ist das nicht. Es sind ganze 0,6 % der Aufwendungen in Deutschland insgesamt, 19,82 Mill. DM bei uns und insgesamt 3,081 Mrd. DM. Gemessen an dem Flächenanteil von fast 6 % ist das wirklich wenig.

Vergleichen wir die Zahlen einmal mit denen anderer Bundesländer: In Bayern, dem Spitzenreiter, waren es im Fünfjahreszeitraum 1,077 Mrd. DM. Das sind 106,– DM pro ha und Jahr, also 26malsoviel wie bei uns. In Bayern waren davon 86,9 % der landwirtschaftlichen Fläche betroffen, bei uns nur 1,3 % der Fläche. Von der gesamten landwirtschaftlichen Fläche in Deutschland fielen 30,2 % unter Agrarumweltprogramme. Schleswig-Holstein ist in dieser Hinsicht das absolute Schlusslicht. Bei dem Zweitletzten in der Skala, dem Bundesland Niedersachsen, waren es mit 2,4 % auch wenig, aber immerhin fast doppelt soviel wie in Schleswig-Holstein. Den dritten Rang in der Negativskala nimmt Nordrhein-Westfalen ein, mit 2,7 %.

So gesehen ist es wohl kaum Zufall, dass es genau diese drei Bundesländer waren, die als erste und lange Zeit allein eine Gülleverordnung hatten, lange bevor die bundeseinheitliche Düngeverordnung eingeführt wurde. Unter den drei Verordnungen war die schleswig-holsteinische im übrigen die strengste, was auch zu den kümmerlichen 0,6 % bzw. 1,3 % passt. Reglementierung statt Vertragsschutz scheint die Parole zu sein, und es passt gut dazu, dass die Landesregierung den Vertragsnaturschutz sowie den Vertragsgrundwasserschutz ausdrücklich als vorübergehende Instrumente bezeichnet. Es passt auch dazu, dass unsere Landesregierung bei der Verhinderung einer Ausgleichsregelung im Bundesnaturschutzgesetz vorneweg marschierte. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang schließlich, dass der in Sonntagsreden immer wieder hochgepriesene ökologische Landbau in Schleswig-Holstein am schlechtesten gefördert wird, und nicht von ungefähr stagniert er bei uns seit vier Jahren, während er bundesweit noch kontinuierlich wächst.

Nein, in Schleswig-Holstein wird nicht zugunsten des Naturschutzes enteignet. Die Ministerpräsidentin hat immer wieder darauf hingewiesen. Weggelassen hat sie bei diesen Hinweisen allerdings, dass unser Land bei den Agrarumweltprogrammen absolutes Schlusslicht ist, und dass unsere Landesregierung ihre eigenen Vorstellungen davon hat, wie Naturschutz in der Fläche zu machen ist.

In Schleswig-Holstein wird nicht enteignet, in Schleswig-Holstein wird zugunsten des Naturschutzes sozialisiert. Man greift soweit in die landwirtschaftliche Nutzung ein, dass es sich noch gerade unterhalb der Enteignungsschwelle und damit auch unterhalb der Entschädigungsschwelle abspielt. Dieses Spiel funktioniert u. a. in Naturschutzgebieten, wo es Auflagen ohne Entschädigung gibt, "im Rahmen der Sozialpflichtigkeit". Unser Land wird beim Flächenanteil der Naturschutzgebiete außer von den Stadtstaaten nur noch von Niedersachsen übertroffen. Dabei sind die Naturschutzgebiete im Nationalpark Wattenmeer nicht einmal mitgerechnet. Am Rande sei angemerkt: Das Land Nordrhein-Westfalen nimmt hier – wieder ohne Hamburg und Bremen – den vierten Platz ein; so fügen sich die Bilder zusammen.