Nr. 15 vom 11. April 1998

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Lange war der BUND mit der Firma Unilever im Gespräch über das Risiko von Xylanase, einem Enzym für die Backwarenindustrie mit gentechnologischem Hintergrund. Am Ende stieg der BUND aus dem Dialog aus. Über die Gründe für den Ausstieg lassen wir einen der Beteiligten von Seiten des BUND, den langjährigen Gentech-Experten in der Bundesgeschäftsstelle des BUND Jens Katzek, zu Wort kommen: "Wir konnten aus naturwissenschaftlichen Gründen eigentlich keine ernsthaften Zweifel an diesem Produkt mehr anmelden."

Katzek ist nicht mehr beim BUND, er weigerte sich, die Pressekonferenz zu machen, in der der BUND seinen Ausstieg aus dem Dialog mit der Unilever erklärte. Katzek bezeichnet die damalige Entscheidung seines Verbandes als falsch: "Und dann stelle ich mich nicht hin und verkaufe sie in der Öffentlichkeit als richtig." Katzek wechselte zur Kleinwanzlebener Saatzucht (KWS) in Einbeck und nennt diesen Wechsel vom Umweltverband zu dem Saatzuchtunternehmen einen "folgerichtigen, einen logischen"Schritt. Katzek legt übrigens Wert darauf, dass die KWS ihn nicht etwa abgeworben hat, um womöglich einen Kritiker loszuwerden. "Ich habe die KWS angesprochen und nicht die KWS mich", erklärt er hierzu nachdrücklich.

"Was mir vor allem fehlte, war die Fähigkeit zur Differenzierung. Ich lehne es ab, immer sagen zu müssen: Gentechnik ist schlecht und gefährlich. Ich will mir den Einzelfall angucken", so erläutert Katzek seine grundsätzliche Einstellung zur Sache. Umweltverbände hätten es in gewisser Weise leicht, weil sie nicht in der Verantwortung stünden, so Katzek. Er stellt aber dagegen die Frage: "Wer setzt denn die Dinge um?" Auch die KWS habe sich in Teilbereichen sehr zurückgehalten, fügt er hinzu. Das Thema herbizidresistente Pflanzen sei dort z.B. jahrelang nicht gefahren worden, weil man der Ansicht war, hier besonders kritisch sein zu müssen. Auf den Einwand eines Journalisten, die Herbizidresistenz sei aber keineswegs vom Tisch erklärte Katzek: "Nein, im Gegenteil. Aber ich muss sagen, dass ich dazu mittlerweile auch eine etwas andere Einstellung habe. In den USA sind diese Pflanzen auf riesigen Flächen angebaut worden. Und man hat weniger Herbizide gebraucht. Früher haben wir befürchtet, es würden sogar mehr. Die Praxis zeigt, wir haben uns vertan."

Auf die Frage, ob er seinen Wechsel als Frontenwechsel versteht, antwortet er kategorisch mit Nein. Das gerade sei es, was ihn so ärgere. Viele Positionen, die er für den BUND vertreten habe, habe er immer noch. Insofern habe er die Seiten gewechselt, die Positionen aber mehr oder weniger beibehalten. Leider sei dieser Aspekt aber unglaublich schwer zu kommunizieren. An zwei Beispielen sei gezeigt, woran Katzek hierbei denkt. Einmal wendet er sich vehement gegen das Argument, es ließen sich durch die Gentechnik in Europa zwei Millionen Arbeitsplätze schaffen. Auch in Diensten der KWS werde er dieses Argument nicht bringen, da es falsch sei. Zudem wolle er sich dafür einsetzen, dass auch andere Firmen dieses Argument zukünftig nicht mehr bringen.

Das zweite Beispiel, bei dem er sich ebenso verhalten wolle, sei das nach seiner Ansicht falsche Argument, Gentechnik könne den Hunger in der Dritten Welt lösen. Auf die Diskussion mit Katzek zu diesem Thema wird man gespannt sein können. Vielleicht hilft es, diese Aussage zu differenzieren, sie nicht für die Dritte Welt pauschal als Ganzes zu verwenden. Am besten wird es sein, sich getreu den Grundsätzen von Katzek " den Einzelfall anzugucken". Denn über eines dürften wir uns alle einig sein: Einen globalen Lösungsansatz für das Welthungerproblem gibt es nicht. Dieses Problem ist vorrangig regional zu lösen.