Nr. 42 vom 17. Oktober 1998

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Über das im Frankfurter Eichborn-Verlag erschienene Buch von Dirk Maxeiner und Michael Miersch "Lexikon der Öko-Irrtümer" hatten wir an dieser Stelle schon berichtet und auch über die verschiedensten Reaktionen zu dem Buch. Hinzugekommen ist jetzt eine sehr aufschlussreiche Äußerung von Norbert Schnorbach, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit von Greenpeace. Dazu muss man wissen, dass die Buchautoren mit Greenpeace streng ins Gericht gehen. Sie schreiben z. B., Greenpeace habe bei der Brent-Spar-Kampagne die Öffentlichkeit hinters Licht geführt und attestieren der Organisation falsche Behauptungen. Und wörtlich schreiben sie: "Wer den Kampf von Greenpeace gegen Shell für einen Kampf David gegen Goliath hält, unterliegt einer grandiosen Selbsttäuschung. Shell hatte gegen den grünen Moralmulti nie den Hauch einer Chance (und die Wahrheit auch nicht)."

Angesichts der später bekannt gewordenen tatsächlich sehr geringen Belastungswerte der Bohrinsel ist der Hinweis von Maxeiner nur allzu berechtigt. Verständlich ist andererseits auch der Zorn von Schnorbach, denn für ihn und seine Regenbogenfreunde droht der Spendenfluss zu versiegen. Das Buch stellt aus seiner Sicht eine finanzielle Bedrohung dar. Schnorbach geht deshalb mit schwerstem Geschütz gegen Maxeiner und Miersch vor. Die Autoren "scheuten sich nicht einmal", so der Öffentlichkeitsarbeiter von Greenpeace, "den Nazi-Propagandisten Goebbels für ihre Argumente zu zitieren". Um zu verstehen, wie unberechtigt und infam dieser Angriff ist, muss man die betreffende Stelle auf der Seite 136 im Buch nachlesen. Maxeiner und Miersch schreiben dort:

"Wissenschaftliche Erkenntnis ist grundsätzlich keine Frage der Mehrheit. Galileo Galilei war zu seiner Zeit genauso wenig mehrheitsfähig wie Einstein. Als der Nazi-Propagandist Goebbels forderte: ,100 deutsche Wissenschaftler müssen gegen Einstein aufstehen’, ließ Einstein müde ausrichten: ,Einer würde genügen’."

Wer diesen Text benutzt, um die Autoren Maxeiner und Miersch in die Nähe des Nationalsozialismus zu rücken, hat sich von redlichen Argumentationsweisen längst verabschiedet. Geht man mit dem Zitat ehrlich um, kann man nur zu dem Ergebnis kommen, dass es gerade Einstein ist, der hier zu Wort kommt und seinen Widersacher Goebbels auf ebenso klare wie unangreifbare Weise widerlegt und in die Schranken zu weisen versteht. Wäre Schnorbach korrekt vorgegangen, hätte er von einem Einstein-Zitat und nicht von einem Goebbels-Zitat gesprochen. Aus der Tatsache, dass er zu dieser schlimmen Verdrehung griff, kann man sicherlich Rückschlüsse auf Menge und Qualität seiner Argumente in der Sache ziehen.

Der Programmchef des Eichborn-Verlages, Wolfgang Ferchl, hat nun an den selbsternannten Umweltverband, von dem es einmal hieß, er sei eine Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit mit angeschlossenem Umweltverband, geschrieben. Ferchl hat in einem offenen Brief von Greenpeace verlangt "als Verleger des Buches und im Namen der Autoren eine eindeutige Richtigstellung und eine Ehrenerklärung für Miersch/Max-einer". Es stellt sich hier natürlich die Frage, wie in solchen Fällen immer, ob Ferchls Aktion nicht unnötige Publicity für die Spendenkämpfer unter dem Regenbogen bringt. Jedenfalls haben die Leser großer Blätter durch Ferchls Schritt und seinen Gang an die Öffentlichkeit ein gutes Stück Wahrheit erfahren. Abzuwarten bleibt, ob der Adressat antwortet, und ob er womöglich einlenkt. Zu befürchten ist jedoch, dass er auch die Antwort als erneutes Propagandamittel nutzt.