Nr. 47 vom 21. November 1998

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Die Regenfälle der letzten Wochen und Monate haben der Landwirtschaft große Probleme gebracht. Die Folgen für die Wintersaaten sind überhaupt noch nicht abzusehen. Kartoffeln sind teilweise nach wie vor in der Erde und werden dort wohl auch bleiben. Bei den Zuckerrüben haben die Bauern noch nicht alle Hoffnungen aufgegeben, aber auch hier wird es Felder geben, die eine Rübenernte nicht zulassen. Beim Mais sieht es ähnlich aus. Das Vieh musste vorzeitig in die Ställe, obgleich gerade in diesem Jahr die Futterernte alles andere als üppig war. Dies sind Umstände, die tiefe wirtschaftliche Einbrüche verursachen werden, wobei die niedrigen Erzeugerpreise ihren gehörigen Anteil dazu beitragen werden.

Andererseits handelt es sich hier um Probleme, von denen jeder Bauer weiß, dass sie zu seinen Berufsrisiken gehören. Das gilt in besonderem Maße für das Wirtschaften in der Natur. Und findig sind die Bauern auch. Wo es irgend geht, lassen sie nicht locker; bis hin zu dem Maishäcksler auf Raupen, der einige Tage vorher noch auf Rädern lief und jetzt das Fahrgestell eines Baggers hat. Auch wenn es so dick kommt wie in den letzten Wochen, und mancher junge Bauer hat vergleichbares noch nicht erlebt, verlieren sie doch nicht das Gefühl dafür, dass sie immer mit dem Wetter leben müssen. Dieses Gefühl haben andere längst verloren oder auch nie besessen. Wenn der Kreisvor- sitzende eines Umweltverbandes Anfang Oktober schon dagegen wetterte, dass ein Bauer seine Mastbullen "nicht artgerecht" auf einer "feuchten Wiese" halte, konnte man ihm sagen, dass es zu der Zeit in Schleswig-Holstein keine Wiese gab, die nicht feucht war. Was wohl passiert wäre, wenn schon in den ersten Oktobertagen alle restlichen Weidemasttiere mit einem Schlag in die Schlachthäuser gekommen wären?

Den Bauern werden zur Zeit Ratschläge erteilt, mit denen sie nichts anfangen können. Dazu gehören auch die sich mehrenden Vorwürfe, die Landwirte würden ihre Böden misshandeln. Besser sei es, so hört man, die Zuckerrüben auf dem Feld zu lassen. Da soll also ein Landwirt, der noch 10 ha Zuckerrüben zu ernten hat, 40 000 DM in den Schornstein schreiben, nur, weil man sich in irgendwelchen Kieler Büros Sorgen um seinen Boden macht. Diese Entscheidung

sollte man dem Bauern besser selbst überlassen. Es gibt durchaus passendere Anlässe, sich um das Eigentum der Bauern zu sorgen. Es geht hier schlicht um die Abwägung darüber, ob der Bodenschaden oder der Ertragsausfall größer ist. Besteht die Aussicht, dass der Boden irreparable Schäden davon trägt, wird der Landwirt sich für den Schutz des Bodens und womöglich gegen die 40 000 DM entscheiden; und wir müssen leider davon ausgehen, dass in diesem Jahr tatsächlich nicht alle Rüben geerntet werden. Besteht aber die Aussicht, dass die

Schäden kurz- oder mittelfristig beseitigt werden können, ist es eine reine Frage der Kalkulation. Und da wiegen die hohen Kosten im Rübenanbau verbunden mit einem möglichen völligen Ausfall des Rohertrags schwer. Bei einem drohenden Totalverlust von 4000 DM/ha sind die Kalkulationsspielräume für eventuelle Ertragseinbußen der nachfolgenden zwei, drei oder vier Jahre eher groß. Nicht ganz so krass, aber vergleichbar sind die Verhältnisse beim Mais.

Die Denkweise, man müsse die Böden vor ihren Bauern schützen, hat leider auch die Diskussion um das Bodenschutzgesetz beeinflusst. Gegenwärtig wird im Bundesrat über eine entsprechende Verordnung beraten. Dabei wird besonders auch zum Thema Erosion über Verhältnisse gesprochen werden, die sich aus der extremen Witterungslage dieses Jahres ergeben. So muss man befürchten, dass eine Verordnung mit dem versteckten Ziel der Abschaffung des Wetters entsteht.