Nr. 9 vom 6. März 1999

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Es geht um eine Erkenntnis aus dem Jahre 1994. Das Umweltbundesamt (UBA) hatte sie veröffentlicht: Die Funde von Pflanzenschutzmitteln in Grundwasser hatten zwar stark abgenommen - das UBA hat sie in den "Daten zur Umwelt" (Ausgabe 1997) auch nicht mehr in der alten ausführlichen Weise dargestellt -. Weiterhin zahlreiche Funde gab es aber in Oberflächengewässern, insbesondere in Gegenden mit eher kleinbäuerlicher Struktur. Die Presse nahm damals die Informationen über Befunde aus dem Bundesland Hessen aber auch von anderswo begierig auf und machte sie für einige Zeit zum "Thema".

In Fachkreisen wurde gleichzeitig eine lebhafte Suche nach den Gründen gestartet. Die Resultate waren verblüffend und die Vermeidungsstrategien konnten kurzfristig entwickelt werden. Es zeigte sich, dass die zunächst angenommenen möglichen Ursachen weitgehend falsch waren. Weder das Wasser der Drainagen, noch das Regenwasser und auch nicht der direkte Eintrag über die Luft konnten mit nennenswerten Verursacheranteilen "dingfest" gemacht werden. 90% der z. B. im Rhein jährlich gefundenen Mengen an Pflanzenschutzmitteln stammten aus Kläranlagen. Hineingelangt waren sie dort meist als Ergebnis der Spritzenreinigung auf den Höfen. Wer es ganz gut meinte und besonders sauber sein wollte wusch seine Spritze auf dem Hofplatz und leitete das dabei angefallene Wasser in die Kanalisation. Auch wenn dabei letztlich im Überlauf der Klärwerke nur sehr geringe Mengen ankamen, sorgten die extrem niedrigen Grenzwerte doch für zahlreiche Grenzwertüberschreitungen. Nun war es für den Pflanzenschutzdienst leicht, den Bauern brauchbare Empfehlungen zu geben. Auf dem Feld, wo das Mittel zum Einsatz gelangte, muss die Spritze gewaschen werden, auch wenn sie vielleicht nicht ganz so "appellfähig" wird wie zu Hause auf dem Waschplatz.

Der Pflanzenschutzdienst gab damals den Bauern einen Leitfaden mit 13 Hinweisen an die Hand: Haupttenor war, dass die Reinigung von Ausbringungsgerät und Schlepper nur auf Flächen erfolgen sollte, "von denen das Schmutzwasser nicht in die Kanalisation bzw. in ein Gewässer gelangen kann". Oder konkreter: "Innenreinigung von Ausbringungsgerät auf dem Feld durchführen und Spülflüssigkeit auf der behandelten Fläche ausbringen...". Auch der Güllebehälter als "Zwischenlager" für verdünntes Reinigungswasser ist Teil der Empfehlungen und natürlich diverse Hinweise auf enge Zusammenarbeit mit den Klärwerken. Wer die 13 Hinweise alle beachtete, hatte das Problem im Griff, und die landwirtschaftliche Praxis griff diesen gangbaren Weg zur Problemlösung gerne auf.

Die große Presse verhielt sich da anders. Während die Negativbefunde 1994 für Schlagzeilen sorgten, war den großen Blättern und dem Fernsehen der hinterher gefundene elegante Lösungsweg keine Meldung wert; Darstellungen hierzu waren weitgehend allein in der landwirtschaftlichen Fachpresse zu finden. Aber auch hier hat der neue Trend, wonach im Journalismus nicht nur die kritische Haltung zu Umweltfragen sondern auch die eine oder andere Frage zu unberechtigter oder übertriebener Kritik Platz in den Blättern findet, für eine Wende gesorgt. Nach langer Zeit endlich hat eine große Frankfurter Zeitung auch die positive Seite zum Thema gemacht und über die Vermeidungsstrategien geschrieben. Ein kleines Problem blieb allerdings. Die Sache wurde so dargestellt, als ob Wissenschaftler die Erkenntnisse erst in allerjüngster Zeit ausgegraben hätten und die Umsetzung in die Praxis noch bevorsteht. Die Meldung aus Frankfurt schließt mit dem Satz: "Nun ist es an den Bauern, alte Gewohnheiten abzulegen." Die schleswig-holsteinischen Bauern und der Pflanzenschutzdienst des Landes Schleswig-Holstein jedenfalls können hierzu frei nach der

Geschichte vom Hasen und dem Igel auf der Buxtehuder Heide nur sagen: "Ik bün all dor!"