Nr. 17 vom 1. Mai 1999

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

"Pflanzenschutzmittelrückstände spielen so gut wie keine Rolle mehr". Unter dieser Überschrift kommentiert die Fördergemeinschaft integrierter Pflanzenbau (FIP) den jüngsten Jahresbericht der Wasserwirtschaft. Rückstände von Pflanzenschutzmitteln im Grundwasser, vor Jahren noch heftig umstritten, spielten heute – so FIP – so gut wie keine Rolle mehr. Das Bild vom pestizidspritzenden Bauern sei falsch, was auch die Wasserwerke bestätigen würden. Bekannt sei auch aus vielen Kooperationen zwischen Land- und Wasserwirtschaft, so FIP weiter, dass die Nitratgehalte deutlich zurückgegangen seien.

Dieses Bild ist sehr erfreulich. Es wäre gut, wenn unsere Aufpasser und Kritiker alle bereit wären, dies auch vorurteilsfrei zur Kenntnis zu nehmen. Unabhängig davon ist es zweifellos richtig wenn FIP gleichzeitig deutlich macht, dass es falsch wäre, sich auf diesen Erfolgen auszuruhen. Aber es ist eben auch angemessen, zum Tag des Wassers, der im vorigen Monat begangen wurde, auf die positiven Zusammenhänge hinzuweisen. Es kann im übrigen nicht schaden, die übrigen Verlautbarungen der FIP hier noch einmal zu wiederholen. Die FIP hat die landwirtschaftlich und forstwirtschaftlich genutzten Flächen als die größten "Trinkwassergewinnungsanlagen" bezeichnet. Die Landwirtschaft, die mehr als die Hälfte der bundesdeutschen Fläche nutze, trage in hohem Maße zum flächendeckenden Gewässerschutz bei.

Noch ein Zitat aus der Stellungnahme der FIP: "Global ist der Mangel an ausreichendem und vor allem sauberen Wasser eines der dringendsten Probleme". Jetzt kommt die wirkliche große Dimension der Probleme um das Wasser zur Sprache. Schauen wir in die Entwicklungsländer, so sieht es dort wirklich schlimm bis sehr schlimm aus. Die Agenda 21 bringt es auf den Punkt: 80 % aller Krankheiten in den Entwicklungsländern sind auf verseuchtes Wasser zurückzuführen und 1/3 aller Todesfälle haben ebenfalls diese Ursache. Diese beiden Zahlen sind gleichermaßen schrecklich und deutlich. Sie zeigen aber auch, wo in der Entwicklungshilfe eines der größten Probleme liegt. Menschen, die gesund sind, können mehr leisten als kranke Menschen. Sollte es also gelingen, im Bereich des Trinkwassers in der Dritten Welt echte Fortschritte zu erlangen, würden die daraus resultierenden Vorteile für die Menschen dort insgesamt wohl gewaltig sein.

Auf diesem Weg energisch voranzugehen ist nicht nur moralisch geboten. Wenn wir auf diesem Sektor wirksame Hilfe leisten, kommt das letztlich auch uns selbst zugute. Denn langfristig sind die riesigen Wohlstandsgefälle auf dieser Erde nicht hinnehmbar. Eine Steigerung des Wohlstandes in den Entwicklungsländern jedoch, wie sie vor einigen Jahren z.B. in China zu beobachten war, kommt uns über eine Belebung des Welthandels auch wirtschaftlich zu Nutzen. Man darf wohl als sicher davon ausgehen, dass wir bessere Getreidepreise hätten, wenn es die jüngste Wirtschaftskrise in Südostasien nicht gegeben hätte. Trotz dieser Krise ist China jedoch im Weltvergleich schon längst kein armes Land mehr. Die armen Länder unserer Tage sind die Länder, aus denen die oben genannten Zahlen zu Krankheiten und Todesfällen wegen verseuchten Wassers stammen. Letztlich ist es einerlei, welche Motivation wir haben, den dortigen Menschen zu helfen. Ob eigene Interessen mit verfolgt werden oder der moralische Aspekt alleiniges Motiv ist, Hautsache den Menschen wird geholfen. Es wäre gut, wenn die Diskussion um die Agenda 21 auch dazu führen würde, die Schwergewichte der bei uns geführten Diskussion angemessen zu verschieben. Wenn es doch wahr ist, dass eine Verbesserung der Wasserqualität in der Mitte Afrikas notwendiger ist als bei uns, warum dann gibt es hierzulande für diesen Gedanken keine Mehrheit?