Nr. 19 vom 15. Mai 1999

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Jahrelang überboten die Medien sich mit Darstellungen über Qualitätsmängel bei Fleisch. Die enormen Züchtungsfortschritte z. B. beim Bemühen um mageres Schweinefleisch wurden nicht zur Kenntnis genommen, allenfalls deren Kehrseite in Form zunächst erhöhter Stressempfindlichkeiten bei Schweinen. Denen musste mit geeigneten Zuchtmethoden erst noch begegnet werden. Oft war das, was der Verbraucher in Einzelfällen zu Recht bemängelte, auch gar kein Ergebnis der Züchtung. Das schrumpfende Schnitzel hat es wirklich hier und da gegeben, aber auch die Schlachtbetriebe hatten Veranlassung über Ursachen nachzudenken und über Lösungsmöglichkeiten. Und sie haben ihren Beitrag geleistet. Immer besser geworden sind auch Fütterung und Haltung der Tiere, übrigens auch in punkto Tiergerechtigkeit oder Artgerechtigkeit, wie einige sagen.

Die Verbrauchszahlen stiegen logischerweise zwar von Jahr zu Jahr, die Berichte aber wurden immer fürchterlicher. Fettgehalte vergangener Zeiten bevölkerten nicht nur die Kalorientabellen, sondern auch die Seiten der illustrierten Zeitungen. Warum wohl haben die Menschen ein Produkt immer stärker nachgefragt, wenn es doch angeblich immer schlechter wurde? Nach einem zwischenzeitlichen leichten Rückgang des Verbrauchs über einige Jahre steigt er jetzt übrigens wieder. Und endlich wird auch die Berichterstattung besser.

"Schweinefleisch ist nicht ungesund". Unter dieser Überschrift wurde jüngst in einer großen Zeitung über neuere Erkenntnisse aus der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft in Braunschweig berichtet. Gerhard Flachkowsky von der FAL wurde von dem Blatt wie folgt zitiert: "Kein gesunder Mensch muss fürchten, vom Verzehr Gicht oder einen erhöhten Cholesterinspiegel zu bekommen." Noch vor kurzem war es fast unmöglich, solche positiven Nachrichten über die großen Medien verbreitet zu bekommen.

Eine erfreuliche Trendwende der jüngsten Zeit scheint sich fortzusetzen. Besser wäre es natürlich gewesen, wenn in dem Artikel gleichzeitig über die gesundheitlichen Vorteile von Schweinefleisch berichtet worden wäre. Aber eines nach dem anderen, Rom ist auch nicht an einem Tag erbaut worden. Mit den Märchen über die gesundheitlichen Nachteile wurde jeden falls gründlich aufgeräumt. Dank modernerer Züchtungen, so war es zu lesen, schneide Schweinefleisch selbst bei einem Vergleich mit dem fett- und cholesterinarmen Geflügelfleisch gut ab. In der Braunschweiger Erhebung hatten die Schweine sogar etwas bessere Werte als das zum Vergleich herangezogene Geflügel. Beim Cholesterin gab es auch einen Vergleich mit Rindfleisch, beide lagen auf gleicher Höhe. "Auch die Angst der Verbraucher vor einem direkten Transfer von Antibiotika beim Verzehr ist unbegründet," wurde Flachkowsky zitiert. Ein Rückstandsproblem gebe es nicht mehr.

Der erfrischenden Objektivität des Artikels tut es da keinen Abbruch, dass es auch einen kritischen Akzent gibt. Flachkowsky sagte auch: "Im Fett sitzen die Geschmacksstoffe". Man kann nicht alles haben. Was wahr ist, braucht man nicht zu verschweigen und wer fettere Ware sucht, wird sie auch finden. Im übrigen wäre es falsch, schieres Fleisch von Geflügel, modernes Schweinefleisch oder modernes Rindfleisch in schierer Form mit Magermilch oder fettfreier Leberwurst zu vergleichen. Gerade auch in Feinschmeckerkreisen findet mageres Fleisch zunehmend Anklang, nicht nur wegen der ernährungsphysiologischen Vernunft.