Nr. 23 vom 12. Juni 1999

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Die Vertreter des Kieler Umweltministeriums mit Minister Steenblock an der Spitze waren schon gegangen, als auf der jüngsten Jahreshauptversammlung des Landesjagdverbandes Dr. Jürgen Goretzki vom Institut für Forstökologie und Walderfassung aus Eberswalde das Wort zu seinem Fachvortrag nahm. Gefallen hätten seine Ausführungen den Damen und Herren aus Kiel vermutlich sowieso nicht. Gleichwohl wäre es gut gewesen, wenn sie sich Goretzkis Vortrag angehört hätten.

Es ging um die Frage der Zusammenhänge zwischen den Populationen des Hasen und anderer gelegentlich für gefährdet erklärter Tiere auf der einen Seite und den Populationsentwicklungen der Beutegreifer, insbesondere des Fuchses, auf der anderen Seite. Zur Rolle des Fuchses legte Goretzki eindeutiges Zahlenmaterial vor, mit dem er belegte, dass die sogenannten Prädatoren für ihre Beutearten inzwischen eine ernste Gefahr darstellen. Zu seinen eigenen Untersuchungen und denen anderer Autoren sagte er wörtlich: "Sollte eine nachhaltige Minderung des Prädatorendrucks auf Arten mit hohem Gefährdungsdruck nicht gelingen, ist zu befürchten, dass zukünftig bestimmte Bastionen des Artenschutzes aufgegeben werden müssen und die gegenwärtige Artenvielfalt nicht mehr erhalten werden kann. Es bleibt zu hoffen, dass die Vision von artenarmen und opportunistendominierten Kulturlandschaften in absehbarer Zeit nicht zur Realität wird."

Das sind andere Töne als die, die man ansonsten zum Thema Artenschutz hört. Und sie gefallen denen nicht, die sich einseitig auf ganz andere Verursacher auf ihrer Anklageliste konzentrieren. Dabei weiß jeder Jäger in den Birkwildgebieten, dass es Fuchs und Habicht waren, die die mit unendlicher Geduld betriebenen Bemühungen der Jäger um die Erhaltung bzw. Wiederansiedlung des Birkwildes vereitelten. Die Verantwortung tragen diejenigen, die den Fang von Habichten verboten haben. Dabei ging es nicht etwa um ein Fangverbot für das

ganze Land, sondern nur für die kleinen Birkwildgebiete. Die Habichte wurden, als das Fangen noch erlaubt war, auch nicht etwa getötet, sondern an anderer Stelle wieder freigelassen. Die Jäger haben es nicht vergessen, wie damals mit ihnen umgegangen wurde. Minister Wiesen hatte ihnen in Kiel gesagt, er wolle das Verbot noch einmal überdenken. Auf der Fahrt nach Hause erfuhren sie dann schon durchs Autoradio, das Verbot sei definitiv. Jeder Jäger weiß, dass stets nach Populationsrückgängen bei den Beutegreifern die Niederwildstrecken anstiegen. Das war so nach der Fuchsbegasung und auch nach Tollwutdurchzügen. Es war jedes Mal so, als wenn die anderen behaupteten Ursachen sich wie von Geisterhand geführt reduzierten, wenn die Zahl der Füchse zurückging. Goretzki ging mit derartigen Meinungen sehr hart ins Gericht. Wörtlich: "Die generelle Infragestellung der Beeinflussbarkeit bestimmter Beutetierpopulationen durch Prädatoren dokumentiert mangelnde aktuelle Literaturkenntnisse . . . oder trotz vorhandener Kenntnisse die fehlende Bereitschaft, Positionen zu ändern und Standpunkte zu korrigieren. Diesem Sachverhalt", so Goretzki weiter, "stehen die Alarmsignale aus den Seevogelschutzgebieten an unseren Küsten . . . sowie aus den Wiesenbrüterschutzgebieten des Binnenlandes . . . gegenüber, in denen derzeit durch zunehmende und belegbare Beutegreifereinflüsse die Schutzziele weitestgehend

relativiert werden."

Bleibt zu hoffen, dass es außer der Meldung von Schutzgebieten nach Brüssel auch mehr Einsicht in die wirklichen Zusammenhänge gibt. Das allerdings setzt voraus, dass man sich der Diskussion mit Wissenschaftlern wie Goretzki stellt.