Nr. 26 vom 3. Juli 1999

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Eigentlich haben wir überhaupt kein Recht, uns über die Flächenreduzierung der tropischen Regenwälder kritisch zu äußern. In Deutschland haben wir zwar jetzt einen leichten Anstieg der Waldflächen; aber in der Vergangenheit wurde bei uns nicht anders verfahren als heute in den Ländern der Dritten Welt. Die steigende Bevölkerung und damit steigende Ansprüche an die Ernährungssicherung erforderten mehr landwirtschaftlich genutzte Fläche. Aus gesamteuropäischer Sicht müssen wir noch vorsichtiger sein als bei einer reinen Betrachtung der deutschen Verhältnisse. Die Entwaldung des Mittelmeerraumes war durchaus rigoroser als das, was heute in den Tropen geschieht.

Unter Wahrung der nötigen Vorsicht und Distanz zu vorgefassten Meinungen sollte man sich aber doch gelegentlich mit dem Thema beschäftigen. Das gilt insbesondere für die bei uns verbreiteten oder verbreitet gewesenen Fehleinschätzungen zum Thema Nutzung von Tropenholz. Vor Jahren gab es fast einhellig bei uns die Haltung, durch den Verzicht auf die Nutzung von Teak, Palisander & Co. könnten wir den tropischen Regenwald retten. Es gehörte zum Repertoire vieler Organisationen, Boykottaufrufe zu veröffentlichen. Was ist aus dieser Geschichte inzwischen geworden?

Die erste Erkenntnis ist, dass die Importe durch die Boykottaufrufe nicht zurückgegangen sind. Sie blieben konstant, wobei das Tropenholz häufig in versteckter Form genutzt wurde, weil es zwar vorzügliche Nutzungseigenschaften hatte, aber ein schlechtes Image. Unter neutraler Oberfläche verleimt, gelangte es weiterhin in den Handel – oben und unten Buche und in der Mitte Tropenholz. Zweite Erkenntnis: Der Anteil von Tropenholz an der in Deutschland genutzten Holzmenge war, blieb und ist klein. Es sind weniger als zwei Prozent, von der Menge her kann es sich also eigentlich niemals um ein Problem gehandelt haben. Wenn es überhaupt ein Problem war, kann das allenfalls darin bestanden haben, dass neben dem Abschlagen der für den Export gewünschten Bäume eine mehr oder weniger mutwillige Zerstörung großer sonstiger, nicht mit den erwünschten Bäumen bestandenen Flächen, ablief. Es ging also gar nicht darum, dass die Edelhölzer gewonnen wurden, sondern allenfalls darum, wie es geschah.

Die dritte Erkenntnis folgt nun fast automatisch: Gebraucht wird eine nachhaltige Forstwirtschaft. Als wir in Deutschland vor 250 Jahren mit der Nutzung der Wälder erkennbar

in der Sackgasse gelandet waren, wurde diese Erkenntnis bei uns zum Handlungskonzept. Es lohnt sich, darauf hinzuweisen, dass der Begriff der Nachhaltigkeit in der Forstwirtschaft geboren wurde. Es geht darum, ein Wirtschaftsgut so zu nutzen, dass es im wahrsten Sinne des Wortes nicht "abgenutzt" wird. Wenn man bedenkt, was heute alles in den Begriff von der "Nachhaltigen Nutzung" hineingeheimst wird, muss man sich darüber vor dem Hintergrund des echten, einfachen und klaren Begriffsinhaltes wirklich wundern.

Nur wenn die Wälder in den Tropen im Sinne einer nachhaltigen Forstwirtschaft ökonomisch interessant sind, werden sie nicht kahl geschlagen oder abgebrannt. Heute wissen die meisten der Beteiligten, dass die Boykottaufrufe, wenn sie denn gewirkt hätten, dieser einfachen Regel entgegen gelaufen waren. Warum musste es so lange dauern, bis sich eine derart einfache Erkenntnis durchsetzen konnte? Es wird immer wieder solche leicht durchschaubare Boykottaufrufe geben, weil sie dennoch zunächst meist öffentlichkeitswirksam sind. Ein anderes Beispiel kurz angetippt: Glattes Leder ist auch ein Pelz, nur ohne Haare.