Nr. 27 vom 10. Juli 1999

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

1991 wurden in Hessen z. B. noch in fast 30 Prozent aller Proben von Grund- und Rohwasser Rückstände von Pflanzenschutzmitteln (PSM) gefunden. Bei uns lagen damals die Verhältnisse schon deutlich günstiger. Dabei wurden die gefundenen Mengen – ob in Hessen oder bei uns – in der Öffentlichkeit meist in ihrer Bedeutung überschätzt. Erstens waren es in mehr als der Hälfte aller Fälle Befunde unterhalb des Trinkwassergrenzwertes und zweitens ist der Grenzwert mit einer so hohen Sicherheitsmarge ausgestattet, dass zu keiner Zeit von einer auch noch so geringen Gefährdung für den Menschen gesprochen werden konnte. Die Landwirtschaft hat den Trinkwassergrenzwert wegen seiner übertriebenen Strenge zwar kritisiert; gleichwohl hat sie mit Nachdruck daran gearbeitet, die Einträge permanent zu vermindern. Hinzu kamen die erheblichen Fortschritte bei der ökologischen Optimierung der Mittel durch die Industrie. Pflanzenschutzmittel im Grund- und Rohwasser wurden deshalb in den zurückliegenden Jahren in immer geringeren Mengen gefunden. Schon vor längerer Zeit konnten wir an dieser Stelle darauf hinweisen, dass das Problem dabei ist, sich gegen Null zu entwickeln.

Leider mussten wir bisher meist beklagen, dass dieser Fortschritt in bestimmten Kreisen nicht wahrgenommen wird. So wurde in dem sogenannten "Kritischen Agrarbericht" (wer so formuliert, meint meist nur die Kritik gegenüber anderen und nicht gegen sich selbst) noch 1996, als die positive Tendenz bereits deutlich erkennbar war, kräftig auf die Pauke gehauen, wenn auch damals schon ohne Angabe von Zahlen. Freuen können wir uns, dass auch dort nun ganz offenbar ein Lernprozess eingesetzt hat. In der neuesten Ausgabe gibt es einen Beitrag aus der Hessischen Landesanstalt für Umweltschutz, der mit einem ein-drucksvollen Diagramm die Verbesserungen zeigt. Wenn auch im zugehörigen Text exakte Zahlen nicht genannt werden, scheint es nach dem Diagramm doch von 1991 bis 1997 um einen Rückgang der Funde auf ein Viertel zu gehen. Wenn in sieben Jahren der "Tacho von 100 auf 25" zurückgeht, macht das einiges deutlich.

Der Versuch einer Erklärung der wenigen aktuellen Funde sei aus dem Bericht der Landesanstalt nachfolgend zitiert: "Die wenigen PSM-Nachweise in den Grund- und Rohwässern dürften hauptsächlich auf punktuelle Belastungen (z. B. nicht ordnungsgemäße Landwirtschaft, falsche Handhabung oder Unfälle bei der PSM-Anwendung, hochdosierten Einsatz von PSM in privaten Haushalten) oder auf ihre Anwendung im Bereich von Verkehrswegen zurückgehen." Dazu wird gesagt, dass höhere PSM-Gehalte im Bereich von Talauen, in denen "oft eine intensive ackerbauliche Nutzung stattfindet" auffällig sind.

Die, wie es hieß, "allgemeine Vorstellung", dass dort, wo sich im Grund- und Rohwasser höhere Nitratgehalte feststellen lassen, auch PSM in nennenswerten Konzentrationen nachweisbar sein müssten, wurde durch die Erhebungen der Landesanstalt nicht bestätigt. Es wird dabei als Problem herausgestellt, dass bei einer Vorauswahl von Messstellen für ein PSM-Überwachungsprogramm, die "sich zunächst nach den Nitratgehalten des Grund- und Rohwassers richtet", mancher Belastungsherd unerkannt bleiben würde. Ja, so hat man seine Probleme, wenn "allgemeine Vorstellungen" sich als falsch erweisen. In Hessen kann die Vorauswahl der Messstellen ohnehin stark vereinfacht werden, denn in Mittelhessen und ebenso in Nordhessen scheint, so die Landesanstalt wörtlich, "kein flächenhafter PSM-Eintrag in das Grundwasser stattzufinden". Und, in "Südhessen konzentriert sich die Mehrzahl der PSM-Funde" mit einem erhöhten Summenwert "auf den Großraum Frankfurt und das Hessische Ried". Nun sind wir gespannt, ob der "Kritische Agrarbericht" in den nächsten Ausgaben auch Berichte über andere Bundesländer gibt.