Nr. 28 vom 17. Juli 1999

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Wer sich immer um klare Urteilsgrundlagen bemüht, befindet sich damit automatisch auf der ständigen Suche nach Irrtümern. Diese Suche ist übrigens besonders unter Buchautoren in jüngerer Zeit geradezu in Mode gekommen. Und wenn derartige Bücher sich gut verkaufen, darf man wohl auch davon ausgehen, dass die Leser von Büchern, hoffentlich in unserer Gesellschaft eine Mehrheit, eine Neigung zu wachsender kritischer Haltung gegenüber verbreiteten Irrtümern haben. Mehrere dieser Buchautoren haben sich auch mit der häufig zu hörenden Aussage, Kohlendioxyd sei der Hauptverursacher des Treibhauseffektes, kritisch auseinandergesetzt. Einer von ihnen, der Chemiker Dr. Heinz Hug, nannte diese Aussage gar einen volks-pädagogischen Trick. Um Missverständnissen vorzubeugen, an der grundsätzlichen Verursacherrolle des CO2 gibt es wenig Zweifel, die Klimadiskussion soll hier nicht auf den Kopf gestellt werden. Was aber meint Hug mit dem "volkspädagogischen Trick"?

Der Trick besteht darin, dass nur dann von einer Hauptverursacherrolle gesprochen werden kann, wenn man den wirklichen Hauptverursacher rechnerisch auf Null setzt. Die führende Rolle mit einer Verantwortung für etwa zwei Drittel des Gesamteffektes nimmt der Wasserdampf ein. Daneben, sozusagen unter "ferner liefen", gibt es eine Fülle weiterer Ursachen. Und unter diesen nimmt das CO2 den ersten Platz ein. Korrekt ist es also nur, ihm die Hauptverursacherrolle beim "zusätzlichen" Treibhauseffekt zuzuschreiben.

Sind wir beim Wasserdampf, können wir uns gleich an den nächsten ebenfalls weit verbreiteten Irrtum heranmachen, der These vom Treibhauseffekt als angeblich etwas Unnatürlichem von Menschenhand. Der Treibhauseffekt ist nichts Unnatürliches, sondern eine der wichtigsten Voraussetzungen für das Leben auf dieser Erde. Ohne den Effekt würden hier nämlich nicht durchschnittlich + 15 Grad Celsius vorliegen sondern – 18 Grad. Von Menschenhand gemacht wäre allenfalls der zusätzliche Effekt. Aber Vorsicht, zur Zeit der Dinosaurier lag der CO2-Gehalt der Atmosphäre drei-bis fünfmal so hoch wie heute; es stellt sich also die Frage "Zusätzlich zu was?". Gibt es überhaupt einen normalen bzw. einen unnormalen Gehalt?

Womit wir dann bei den offenen Fragen zur Klimaproblematik wären, und von denen gibt es mehr als erwartet. Greifen wir zwei von ihnen heraus, zwei Extreme. Bei der ersten Frage kann einem, weil sie tatsächlich offen ist, Angst und Bange werden. Bei der zweiten könnte das genaue Gegenteil herauskommen nach dem Motto: "Ist da überhaupt ein Problem?"

Kommen wir zur ersten: Was wäre, wenn die Erwärmung der Atmosphäre durch den zusätzlichen Treibhauseffekt die Weltmeere veranlassen würde, zusätzlich CO2 freizusetzen, ebenso wie eine offene Sprudelflasche vermehrt Kohlendioxyd entlässt, wenn man sie erwärmt. In der logischen Konsequenz müsste das zu einer Schraube führen, die, wenn sie denn überhaupt ein Ende hat, dieses erst erreicht, wenn die Erde für uns womöglich schon nicht mehr bewohnbar ist. Und nun das andere Extrem, auch hier eine offene Frage. Vom wirklichen Treibhaus wissen wir es, durch immer noch dickere Glasscheiben kann man den erwünschten Effekt nicht beliebig erhöhen. Ist es womöglich so, dass das Kohlendioxyd schon vor 200 Jahren alles getan hat, was es in diesem Zusammenhang kann, wie einige Autoren behaupten? Gibt es womöglich einen Anreicherungswert, oberhalb dessen es kaum noch weitere Wirkungen gibt? So kann man schnell von einem Extrem ins andere fallen, und zuletzt wundert man sich dann, dass eines der wichtigsten Politikthemen unserer Zeit wissenschaftlich auf so schwachen Füßen steht.