Nr. 34 vom 28. August 1999

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Das Projekt der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein auf dem Betrieb Kühl in Rade zum Integrierten Landbau hat eine Fülle von Erkenntnissen gebracht, die von der landwirtschaftlichen Praxis in unserem Lande gerne aufgenommen werden. Während der Versuchsdauer unter der Leitung von Dr. Nils Cramer wurde beobachtet, dass die auf dem Betrieb Kühl in Rade erzielten Fortschritte oftmals sofort auch in vergleichbaren Betrieben zu verzeichnen waren. Die Landwirtschaft insgesamt hat bei der Einsparung von Düngung und Pflanzenschutz unter gleichzeitiger Steigerung der Erträge wirklich Beachtliches geleistet. Das Rader Projekt hat inzwischen offiziell die Anerkennung "Agenda 21-Aktion", und die Landwirte, die sich auf dem gleichen Weg befinden, können sich ebenfalls so fühlen.

In Rade sind aber nicht nur Fortschritte für den integrierten Pflanzenbau in ökonomischer Hinsicht entwickelt worden. Hoch interessant ist auch die ökologische Seite. Durch die Fördermittel des Staates und der Stiftung Schleswig-Holsteinische Landschaft war es möglich, eine größere Zahl von Biologen über mehrere Jahre damit zu beschäftigen, eine gründliche Bestandsaufnahme von Flora und Fauna zu machen. Dabei waren es sicherlich die veränderten Bedingungen wie z.B. Blühstreifen oder besondere Projekte an den vorhandenen Kleingewässern, die die Zahl der Individuen der einzelnen Arten erhöhten, so dass die Wahrscheinlichkeit, einzelne Exemplare zu finden, erhöht war. Grundsätzlich wird man aber davon ausgehen können, dass die Arten - abgesehen von den durchziehenden Vogelarten - auch vorher schon da waren. Wenn im Projekt also 556 verschiedene Tierarten und 306 verschiedene Pflanzenarten gefunden wurden, ist dieses stolze Ergebnis zwar durch das Projekt bedeutend gefördert worden; grundsätzlich hat man aber durchaus überall im Lande die Chance, gleiche Resultate zu erzielen.

Das Projektgebiet war 40 ha groß. Auf den restlichen Flächen des Betriebes Kühl könnte man das Ergebnis ebenso reproduzieren wie auf den Flächen der Nachbarbetriebe. Auf anderen Teilabschnitten des Landes in Größe von 40 ha wird man zu gleichen Artenzahlen kommen, ohne dass es dieselben Arten sein müssen. Es sieht so aus, als wenn die Artenvielfalt größer ist, als manche annehmen. Für diejenigen, die der Landwirtschaft immer wieder die Rolle des großen Artenvernichters anhängen, sind die Rader Resultate wohl ein harter Schlag.

Es handelt sich bei der Projektfläche um überwiegend Ackerland mit einigen Kleingewässern

und einer kleinen Grünlandfläche. Acht verschiedene Arten an Amphibien und Reptilien, und davon vier Arten der Roten Liste, sind das für ein solches Areal viele? Zum Vergleich: Nach dem Landschaftsprogramm gibt es landesweit 21 Arten und davon 15 auf der Roten Liste. Von den sechs nicht auf der Liste stehenden wurden also vier gefunden, entspricht 66%. Von den Listenarten sind es vier von 15, also 26%. Soweit die Fakten. Machen wir nun einmal ein Zahlenspiel, allerdings ohne Anspruch auf Seriösität. Das Land lässt sich in 35000 Abschnitte

von der Größe von 40 ha aufteilen. Grundsätzlich müssten sich in jedem dieser Abschnitte vier Rote-Liste-Arten finden lassen. Wären es immer die vier von Rade, hätten die auf der Roten Liste wohl nichts verloren. Es müssen also immer verschiedene sein. Würden die Arten gleich oft gefunden werden, wäre jede Art rechnerisch gut 9000 mal dabei??? Hätte man in Rade nur drei gefunden, käme man mit der Hochrechnung auf 7000, bei nur zweien auf 4600 und bei einer auf 2300. Nein, seriös ist diese Berechnungsweise nicht. Es gibt nur ein Problem, mit gleichen oder ähnlichen Methoden werden die Zahlen über den Artenrückgang auf dieser Erde hochgerechnet. Oder nehmen Sie etwa an, für die angeblich zu hunderttausenden zählenden gefährdeten Arten gibt es Namenslisten?