Nr. 49 vom 11. Dezember 1999

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Umweltminister Trittin hat einen Referentenentwurf für das Frühjahr 2000 angekündigt, und die Umweltsprecher der SPD haben ihren Applaus bereits abgegeben. Da es um ein Thema geht, das die Landwirtschaft betrifft, verheißt das beides nichts Gutes. Es geht um die Regelungen der §§ 3a und 3b des Bundesnaturschutzgesetzes zum Vertragsnaturschutz und zum Ausgleich für Nutzungsbeschränkungen. Am Ende der vorherigen Legislaturperiode waren beide Bestimmungen – längst überfällig – neu in das Gesetz hineingekommen.

Der Vorrang für den Vertragsnaturschutz vor ordnungsrechtlichen Maßnahmen ist nicht nur wichtig im Hinblick auf die Akzeptanz in der landwirtschaftlichen Praxis, er ist auch Vorraussetzung für eine sinnvolle Weiterentwicklung des Naturschutzes in der Fläche. Die jetzige Vorschrift des § 3a stellt in dieser Hinsicht zwar lediglich eine Minimallösung dar, indem kein wirklicher Vorrang, sondern nur ein Prüfgebot für die Länder geregelt ist. Gleichwohl ist diese Bestimmung in der Landwirtschaft relativ gut angekommen. Trittin und seine Claqueure wollen diese Minimallösung wieder abschaffen, eine Maßnahme, die klar zu Lasten der Bauern gehen würde.

Kassieren wollen sie auch den § 3b des Bundesnaturschutzgesetzes zu den Ausgleichszahlungen. Immer wieder haben wir versucht, ihnen den Gedanken nahe zu bringen, dass Ausgleichszahlungen für einen ohnehin schwer um die wirtschaftliche Existenz ringenden Berufsstand in den Fällen erforderlich sind, in denen erhöhte Anforderungen festgesetzt werden. Dabei geht es um Auflagen, die über die Anforderungen der guten fachlichen Praxis hinaus gehen. Bei so weit gehenden Einschränkungen muss unsere Gesellschaft, wenn sie derartige Ziele denn verfolgen will, in ihrer Gesamtheit für die Finanzierung einstehen. Nicht nur im Hinblick auf die Existenznot in der Landwirtschaft sondern auch zur Schaffung von Akzeptanz für den Naturschutz in der Fläche sind die genannten Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes sinnvoll und wichtig. Es verträgt sich

nicht, wenn man einerseits Lippenbekenntnisse darüber abgibt, Naturschutz müsse mit den Landwirten und nicht gegen sie gemacht werden und andererseits zwei so sinnvolle Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes zu Lasten der Landwirte ändern will.

Wenn die Beifalltruppe von Trittin sich gleichzeitig mit der Formel "Anforderungen an eine naturverträgliche Land- und Forstwirtschaft" öffentlich für noch mehr Anforderungen ausgesprochen hat, kann man dazu nur sagen: Wir haben eher zu viel als zu wenig Reglementierungen für die Landwirtschaft. Das Maß der Reglementierung liegt weit über dem, was notwendig und international üblich ist und stellt deshalb schon heute, auch im Hinblick auf den internationalen Wettbewerb, eine echte Bedrohung für unsere Landwirtschaft dar.

Diejenigen, die das nicht wahr haben wollen, sollten jedenfalls zur Kenntnis nehmen, dass hier eine gigantische Motivationsbremse wirkt. Um das zu erkennen, brauchen sie nur junge Leute auf dem Lande nach den Gründen zu fragen, weshalb sie dem Beruf und dem Hof ihrer Eltern den Rücken kehren. Unter den am meisten genannten Gründen finden wir in solchen Gesprächen die Überbürokratisierung, die der Landwirtschaft in den zurückliegenden Jahren übergestülpt wurde. Junge, leistungswillige Menschen suchen nach Berufen, in denen sie sich frei entfalten können. Der Einwand gegen diese These, es sei überhaupt typisch für die junge Generation, Verantwortung zu scheuen, ist jedenfalls unberechtigt. Die steigenden Zahlen von Firmengründungen in anderen Wirtschaftsbereichen widerlegen es eindeutig. Und anzunehmen, ausgerechnet die Kinder eines unternehmerischen Berufsstandes würden sich im Vergleich mit ihren Altersgenossen atypisch verhalten, ist doch wohl widersinnig.