Deutschlands Landwirtschaft und die Agenda 21
Der Wirtschaftsbereich Landwirtschaft als Modellfall für Nachhaltigkeit
eine ähnliche Ausarbeitung zur Forstwirtschaft können Sie ebenfalls einsehen. Dazu eine Arbeit unter dem Thema "Agenda 21 als Rezept für private Initiativen".
Gliederung (die einzelnen Abschnitte können über die Sterne angeklickt werden):
1 Einleitung *
1.2 Der Begriff der Nachhaltigkeit *
1.2.1 Nachhaltigkeit hat in Mitteleuropa eine lange Tradition *
1.2.2 Artenvielfalt und Nachhaltigkeit immer identisch? *
1.2.3 Verschiedene Definitionen von Nachhaltigkeit *
1.2.3.2 Brundtlandbericht *
1.2.3.3 Entstanden in der Forstwirtschaft *
1.2.3.4 Missbräuchliche Definitionen *
1.3 Die übrigen Begriffe *
2 Die Rolle der Landwirtschaft *
2.2 Landwirtschaft als Wirtschaftszweig *
2.2.1 Die Verantwortung des Produzenten von Nahrungsgütern *
2.2.2 Zuviel Reglementierung ist für Wirtschaft immer von Nachteil *
2.2.3 Wettbewerbsnachteile sind zu vermeiden *
2.2.4 Landwirtschaft als Arbeitsplatz *
2.2.5 Pflege der Kulturlandschaft *
3 Agenda 21 *
3.2 Der Hauptansatz der Agenda 21 *
3.2.1 Nachhaltigkeit und Verdoppelung der Erdbevölkerung *
3.2.2 Kein Vorrang für die Ökologie vor Ökonomie und Sozialem *
3.3 Der Aufbau der Agenda *
3.3.1 Soziale und wirtschaftliche Dimensionen *
3.3.2 Erhaltung und Bewirtschaftung der Ressourcen für die Entwicklung. *
3.3.2.2 Der Boden *
3.3.2.3 Das Wasser *
3.3.2.4 Integrierter Pflanzenschutz *
3.3.2.5 Integrierte Düngung *
3.3.2.6 Am Beispiel der Düngung/Gute fachliche Praxis - ein dynamischer Prozess *
3.3.2.7 Tierhaltung *
3.3.2.7.2 Die Futtergrundlage *
3.3.2.8 Biologische Vielfalt *
3.3.2.9 Gentechnologie *
3.3.2.10 Energie *
3.3.2.11 Schutz der Erdatmosphäre *
3.3.2.11.2Luftverschmutzung *
3.3.3 Stärkung der Rolle wichtiger Gruppen *
3.3.4 Möglichkeiten der Umsetzung *
4 Gesellschaftliche Ziele und Wünsche ausserhalb der Ziele der Agenda 21 *
4.2 Trinkwasserziele jenseits der Leitlinien der Agenda 21 *
4.3 Luftreinhaltung *
4.4 Verbraucherwünsche *
4.4.1 Tierische Produkte *
4.4.2 Pflanzliche Produkte *
4.5 Tiergerechtigkeit bzw. Artgerechtigkeit *
4.6 Gute fachliche Praxis innerhalb und ausserhalb der Ziele der Agenda 21 *
In der Agrarpolitik gibt es unzählige politische Fachbegriffe. Zu ihnen gehören auch etliche Begriffe aus dem Überschneidungsbereich zwischen Umweltpolitik und Agrarpolitik wie z.B.: Nachhaltige Nutzung, nachhaltige Entwicklung, ordnungsgemäße Landwirtschaft, gute fachliche Praxis etc.. Unter diesen Begriffen nehmen die Fragen der Nachhaltigkeit eine zentrale Position ein. Die übrigen Fragenkomplexe sind damit teilweise inhaltlich identisch. Das nachfolgende Papier stellt eine Standortbestimmung aus der Sicht des bäuerlichen Berufsstandes zu diesem Fragenkomplex dar. Dabei wird die Haltung zur Agenda 21 aus deutscher Sicht und im internationalen Vergleich besonders herausgearbeitet.
Dieser Aufsatz soll dokumentieren:
Das gleiche gilt für eine Reihe weiterer gesellschaftlicher Ziele, die in Deutschland zwar ihre Berechtigung haben, aber außerhalb der Ziele der Agenda 21 liegen oder der Nachhaltigkeit liegen können.
"Nachhaltige Entwicklung ist Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu gefährden, dass zukünftige Generationen ihre Bedürfnisse nicht mehr befriedigen können".
Vielfach werden Definitionen aus der reinen Lehre des Artenschutzes auf den für die gesamte Erde und ihre Zukunft im 21. Jahrhundert anzulegenden ganzheitlichen Nachhaltigkeitsbegriff übertragen. Diese Handhabung ist einseitig und damit missbräuchlich. Für die Nachhaltigkeit im 21. Jahrhundert spielt die biologische Vielfalt zwar eine bedeutende Rolle, sie ist aber nur ein Teil des Ganzen.
Dasselbe gilt für die Gleichsetzung von Umweltschutz und Nachhaltigkeit, wie sie gelegentlich anzutreffen ist. Für eine ganzheitliche Nachhaltigkeit sind Aspekte des Umweltschutzes zwar ebenfalls sehr wichtig. Aber auch hier ist eine Gleichsetzung einseitig und damit missbräuchlich. Umweltschutz ist zwar meist eine wichtige Voraussetzung für Nachhaltigkeit, weil Umweltzerstörung Nachhaltigkeit beeinträchtigt; Nachhaltigkeit als Gesamtkomplex geht aber über Umweltschutz weit hinaus.
Wie an mehreren Beispielen darzulegen sein wird, ist die gute fachliche Praxis ein Begriff mit dynamischem Inhalt. Die ordnungsgemäße Landwirtschaft beachtet im Einklang mit den Gesetzen die vorhandenen Rechtsgrundlagen, in welchen der Begriff gute fachliche Praxis (synonym: gute landwirtschaftliche Praxis) als handwerklich saubere Arbeit in der Landwirtschaft festgeschrieben ist. Die gute fachliche Praxis ist als dynamische Formulierung ein unbestimmter Rechtsbegriff. Solche Begriffe verschließen sich einer abschließenden allgemeinverbindlichen inhaltlichen Bestimmung (Legaldefinition), weil sie einer Vielzahl veränderlicher Größen Rechnung tragen müssten.
Schon aus diesem Grund ist die zu beobachtende Tendenz abzulehnen, den Begriff der guten fachlichen Praxis näher zu regeln und zu kodifizieren und ihn damit zu versteinern. Diese Ablehnung lässt sich auch schon aus dem gesetzlichen Begriff "gute fachliche Praxis" ableiten. Indem der Gesetzgeber auf den Begriff der Praxis abstellt, macht er gerade deutlich, dass es ihm nicht darum geht, die Beachtung einer Summe geschriebener Regeln anzuordnen. Er ist vielmehr bereit, die vorhandene fachliche Praxis anzuerkennen, soweit sie gut ist, d.h. dem durch Wissenschaft, Beratung und praktische Anwendung gebildeten Wissens- und Praxisstand entspricht. Eine Kodifizierung in untergesetzlichen Regelwerken oder in Verwaltungsvorschriften würde dem nicht entsprechen und die notwendige Dynamik nicht bieten können.
In der in Deutschland geführten Diskussion werden darüber hinaus Begriffe wie konventionelle, integrierte Landwirtschaft oder ökologischer Landbau verwendet. Als Bezeichnungen einzelner Produktionsrichtungen der Landwirtschaft können sie jedoch nicht zur Unterscheidung in "nachhaltig" oder "nicht nachhaltig" bzw. "gute fachliche Praxis" oder nicht etc. verwendet werden
Die Deutsche Landwirtschaft bekennt sich zu folgenden Grundsätzen:
Deutlicher noch als durch die Zahlen der Erwerbstätigen wird die strukturelle Bedeutung der Landwirtschaft durch die Flächenanteile. In Deutschland sind es 17% bei der Weidefläche, 38% bei der Ackerfläche, 29% beim Wald und nur 16% der Fläche dienen nichtlandwirtschaftlichen Zwecken. 84% der Fläche Deutschlands also werden von den Land- und Forstwirten gepflegt und erhalten. Im Gesamtzusammenhang zu erwähnen, wenn auch mit einem nur kleinen Anteil von 230000 ha, sind schließlich die 9100 Betriebe der Fluss- und Seenfischerei.
Nur wenige Menschen haben die Agenda 21 bisher sorgfältig gelesen, gleichwohl wird überall darüber geredet. Es scheint sich herumgesprochen zu haben, dass es bei der Agenda um das Prinzip nachhaltiger Nutzungen geht. Mehr nehmen viele Menschen vom Inhalt der Agenda nicht zur Kenntnis und reflektieren dann das, was sie selbst unter Nachhaltigkeit verstehen so, als ginge es dabei um den Inhalt der Agenda.
Anlässlich einer sogenannten Auftaktveranstaltung im Herbst 1996 in Kiel hat der schleswig-holsteinische Umweltminister Rainder Steenblock sich ausdrücklich der Bewertung des Wuppertal-Instituts in der dortigen Studie "zukunftsfähiges Deutschland" angeschlossen. In der Studie wird zur Erfüllung des Postulats der Nachhaltigkeit eine flächendeckende Umstellung auf den ökologischen Landbau bis zum Jahre 2010 gefordert. In dem später erschienenen Tagungsband fielen die Anmerkungen Steenblocks größtenteils dem Kürzungsstift zum Opfer. Die zu dieser Frage immer wieder zitierte Wuppertalstudie erwähnt übrigens die Agenda 21 überhaupt nicht. Es findet sich zwar der eine oder andere Hinweis auf die Konferenzen von Rio, aber keine konkreten Hinweise auf das Agendadokument. Dies hätte diejenigen, die sich unter Umgehung der Lektüre der Agenda selbst der Thesen des Wuppertal-Instituts bedient haben, eigentlich stutzig machen müssen. Und was den ökologischen Landbau anbelangt, die Agenda 21 enthält nicht einmal das Wort "ökologischer Landbau". Die Rezepte zur Landwirtschaft sind: integrierte Düngung, integrierter Pflanzenschutz, Bodenschutz, Anwendung der Gentechnologie etc. etc..
Die Zielsetzung ist damit aber klar: Die Deckung der Grundbedürfnisse, die Verbesserung des Lebensstandards aller Menschen, einen größeren Schutz und eine bessere Bewirtschaftung der Ökosysteme, und dies alles vor dem Hintergrund einer sich noch einmal verdoppelnden Erdbevölkerung.
Für die Landwirtschaft erwachsen daraus ungeheure Aufgaben, denn es gilt die Nahrungsproduktion, so die Agenda 21, schon in wenigen Jahrzehnten zu verdoppeln.
Die Agenda 21 ist getragen von dem Dreieck Ökonomie, Ökologie und Soziales. Diese drei Elemente sind gleichrangig. Missverständnisse, die auf einen Vorrang der Ökologie hinauslaufen, gehen u.a. auf die äußere Aufmachung der deutschen Übersetzung zurück. Sie trägt nämlich über dem Titel "Agenda 21" einen scheinbaren Obertitel "Umweltpolitik". Dies ist jedoch lediglich der Name der Buchreihe, in der das Umweltministerium veröffentlicht.
Der soziale Aspekt ist im wesentlichen auf die Länder der Dritten Welt bezogen. In erster Linie geht es dabei um den Aspekt, dass im weltweiten Maßstab nachhaltiges Wirtschaften durch Armut behindert wird. Diese Armut zu überwinden, ist eine wichtige Aufgabe, an der die entwickelten Länder maßgeblich mitzuarbeiten haben.
Hauptinhalt der Agenda ist also ganz offenbar die Entwicklung, und wenn es um die Erhaltung von Ressourcen geht, steht deren Bewirtschaftung im Vordergrund.
Es trifft zwar zu, dass der gegenwärtige Hunger auf der Erde sich durch eine bessere Verteilung zu großen Teilen bekämpfen ließe, denn der Hunger findet gegenwärtig vorwiegend dort statt, wo unsichere politische Verhältnisse vorliegen und es an einer geeigneten Infrastruktur fehlt. Diese Erkenntnis hat jedoch nichts mit der Aufgabe zu tun, eine sich im 21. Jahrhundert noch einmal verdoppelnde Erdbevölkerung zu ernähren.
Sollte es beispielsweise gelingen durch eine Befriedung den Hunger im Sudan zu bekämpfen, wäre der Milliarde Menschen, die in wenigen Jahrzehnten allein in Südostasien mehr leben werden als heute, nicht geholfen.
Die Agenda 21 widmet dieser Aufgabe breitesten Raum und bietet einen Katalog von Maßnahmen, der nachfolgend als Vergleich zwischen den Verhältnissen bei uns und auf der gesamten Erde auszugsweise erörtert wird.
In Deutschland spielt die Bodenerosion eine vergleichsweise geringe Rolle. Jedenfalls zeigen die nach wie vor deutlich steigenden Erträge, dass die Bodenfruchtbarkeit bei uns zunehmend ist, zumal der Aufwand ertragssteigernder Mittel in den letzten Jahren permanent zurückgeführt werden konnte. Erosion lässt sich nie ganz vermeiden, unter unseren Bedingungen sind jedoch die abgetragenen Mengen gering. Sie liegen - zum Vergleich - weit unter dem, was bei der Rübenernte als "Schmutz" ein normaler Vorgang ist. Hinzu kommt, dass insbesondere die Abträge durch Winderosion per Saldo sehr gering sind, da die abgetragenen Bodenpartikel meist auf benachbarten Feldern wieder abgelagert werden.
Erosionshemmend wirken ackerbauliche Maßnahmen, die die Stabilität des Bodengefüges fördern (reduzierte Bearbeitungsintensität, Versorgung mit organischer Substanz) und Fruchtfolgemaßnahmen, die eine gleichmäßige Bodenbedeckung durch Pflanzen, vor allem im Winterhalbjahr, gewährleisten. Dort, wo die Erosionsgefahr besonders groß ist, sind hohe Grünlandanteile von besonderem Vorteil. Das gilt für besonders hängiges Gelände wegen der Gefahr der Wassererosion und für leichte Böden in Regionen mit starker Windneigung. Positive Beispiele sind hierzu die hohen Grünlandanteile wie im Allgäu oder auf den leichten Böden des Einzugsbereichs der Seewinde in Niedersachsen und Schleswig-Holstein.
Die Bodenbearbeitung dient der Sicherung und Förderung der Bodenfruchtbarkeit und des Pflanzenwachstums. Sie dient auch ebenso wie das Fruchtfolgewesen der Bekämpfung von konkurrierenden Ackerwildpflanzen, Krankheitserregern und Schädlingen. Gerade im Wechselspiel zwischen Bodenbearbeitung und Pflanzenschutz wird in besonderer Weise deutlich, dass die gute fachliche Praxis ständig fortentwickelt wird und die permanente Umsetzung von einzelfallbezogener Umsetzung von Forschung und Entwicklung in die Praxis darstellt.
"Ein integrierter Pflanzenschutz, der die biologische Bekämpfung, Wirtspflanzenresistenz und angepasste Anbaupraktiken miteinander verknüpft und die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf ein Minimum reduziert, ist die optimale Lösung für die Zukunft, da er die Erträge sichert, die Kosten senkt, umweltverträglich ist und zur Nachhaltigkeit der Landwirtschaft beiträgt."
In Deutschland sind Forschung und Entwicklung ebenso wie zunehmend die landwirtschaftliche Praxis auf den integrierten Pflanzenschutz ausgerichtet. Wir haben in dieser Hinsicht auch beachtliche Erfolge vorzuweisen. So liegen die aktuellen Aufwandmengen im chemischen Pflanzenschutz etwa dort, wo vor 10 Jahren die alten Bundesländer allein lagen, und dies bei deutlich gestiegenen Erträgen. Dies ist auch deutlich erkennbar der Grundwasserqualität zugute gekommen.
Das Trinkwasserziel der Agenda 21 ist allerdings so bescheiden, dass danach in Deutschland in dieser Hinsicht überhaupt kein Handlungsbedarf wäre. Die Agenda fordert 40 Liter hygienisch einwandfreien Trinkwassers pro Kopf, ein Ziel, das bei uns längst übererfüllt ist. Gleichwohl sind die deutschen Landwirte aktiv an Maßnahmen zur weiteren Verbesserung der Trinkwasserqualität beteiligt, darüber Näheres unter den Zielen, die außerhalb der Ziele der Agenda 21 liegen.
In der Praxis der deutschen Landwirtschaft hat der Einsatz dieses Optimierungskonzepts ebenfalls beachtliche Erfolge vorzuweisen. In den zurückliegenden Jahren konnte der Düngereinsatz permanent verringert werden bei steigenden Erträgen. Auch dies war und ist ein positiver Beitrag zum Gewässerschutz (hierzu Näheres siehe unten). Bei Stickstoff wird heute im Vergleich zum Anfang der 90er Jahre 25% weniger, bei Phosphat 57% weniger und bei Kali 54% weniger gedüngt.
Der ständigen Verbesserung der Ausbringungstechnik bei organischen Düngemitteln kommt dabei weiterhin große Bedeutung zu. Zunehmend Eingang in die Praxis finden auch neuere Erkenntnisse über die Optimierung der Futtermittel zur Vermeidung von Nährstoffüberschüssen. Das hierzu vorliegende Instrumentarium ist durch Forschung und Entwicklung gerade in jüngster Zeit wesentlich verbessert worden, und weitere Fortschritte sind zu erwarten. Auch hier haben wir es mit einem dynamischen Prozess zu tun, der sich durch starre Regelwerke nicht erfassen lässt, und den man am besten denen überlässt, die auf Grund ihrer Fachkenntnisse und der Paralellität von ökonomischem und ökologischem Erfolg am ehesten dazu berufen sind.
Die Agenda 21 stellt klar heraus, dass weltweit die Nachfrage nach tierischen Produkten in quantitativer und qualitativer Hinsicht zunehmen wird. Dabei macht sie deutlich, dass eine nachhaltige Nutzung der Meeresressourcen dort nur geringe Spielräume für eine Mehrversorgung zulässt. Nimmt man hinzu, dass große Teile der heutigen Versorgung mit Rindfleisch von Standorten stammt, auf denen die Produktion wegen Wassermangel nicht wesentlich ausgedehnt werden kann, kommt man an der Erkenntnis nicht vorbei, dass den landwirtschaftlichen Gunststandorten bei einer sich noch einmal verdoppelnden Erdbevölkerung sehr große zusätzliche Aufgaben zuwachsen.
Dabei sind die im Vergleich mit einer pflanzlichen Ernährungsweise vorkommenden Umwandlungsverluste in gewissem Umfang unvermeidbar. Dieser Umfang wird jedoch meist überschätzt. So wird u.a. bei der Produktion von Milch und Rindfleisch in großen Mengen Futter verwendet, dass für die unmittelbare Nutzung durch den Menschen ungeeignet ist und nur durch Wiederkäuer etc. genutzt werden kann. Ein ganz erheblicher Teil der landwirtschaftlichen Nutzflächen ist für den Ackerbau und damit für die Erzeugung unmittelbar verdaulicher Nahrungsgüter nicht geeignet. Das können Hanglagen sein, zu große Nässe, zu große Trockenheit oder das Vorliegen zu langer Kälteperioden.
Monogastrische Nutztiere wie z.B. Schweine werden in erheblichem Umfang mit Futtermitteln ernährt, die bei der Produktion von Nahrungsmitteln als Reststoffe anfallen. So fällt der größte Teil der aus den drei Hauptlieferländern USA, Brasilien und Argentinien importierten Futtermittel in diese Kategorie. Die These, nach der Teile unserer Viehbestände "am La Plata weiden" ist zwar richtig aber auch irreführend; denn es geht dabei überwiegend um Reststoffe aus der Produktion von Speiseöl.
In der Agenda heißt es u.a.: "Die biologischen Ressourcen stellen ein Kapital dar, das ein enormes Potential für die Erzielung nachhaltiger Gewinne in sich birgt...". An anderer Stelle heißt es : "Der gegenwärtig zu verzeichnende Verlust der biologischen Vielfalt ist zum großen Teil Folge menschlichen Handelns und stellt eine ernste Bedrohung für die menschliche Entwicklung dar." Als Standort der heute noch zu schützenden Arten werden zunächst die natürlichen Ökosysteme der Wälder, der Savannen, der Gras- und Weideflächen, der Wüsten, der Tundren, der Flüsse Seen und Meere genannt. Auf ihnen, so heißt es, ist "der größte Teil der biologischen Vielfalt unserer Erde beheimatet". Zu den Feldern der Bauern und den Gärten heißt es dann, auch sie seien "als Vorratsträger enorm wichtig". Wichtig ist der globale Ansatz zur biologischen Vielfalt und die nutzungsbetonte Zielorientierung.
Für die deutsche Landwirtschaft ist die Ausweitung auf bisher nicht genutzte Standorte, wie sie die Agenda 21 für die Zukunft vermeiden möchte, seit Jahrzehnten abgeschlossen und kein Ziel mehr. Im von ihr genutzten Bereich geht es darum, die Ziele einer nachhaltigen Nutzung mit den Zielen der Artenerhaltung zu vereinbaren. Soweit dabei das Agenda-Ziel einer Intensivierung der Landwirtschaft gleichzeitig verfolgt wird, geht es um die permanente Such nach intelligenteren Lösungen, wie sie unter den Stichworten Integrierte Düngung und Integrierter Pflanzenschutz bereits beschrieben wurden und wie sie auch im ökologischen Landbau verfolgt werden können. In den Ausführungen zur Gentechnologie werden weitere Aspekte angeführt werden.
Dabei geht es häufig auch darum, Artenvielfalt durch eine Verringerung der Nutzungsintensität zu betreiben. Mit der Agenda 21 ist das dann zwar nicht mehr zu vereinbaren, da die Agenda sich eindeutig für die Intensivierung der Landwirtschaft auf den bisher schon genutzten Flächen ausspricht; gleichwohl gehören auch solche Programme zu den in Deutschland verbreiteten gesellschaftlichen Zielen. Die deutsche Landwirtschaft ist gerne bereit, auch an der Verwirklichung solcher Ziele mitzuwirken. Hierzu wird unten an passenderer Stelle näher eingegangen.
In der Öffentlichkeit vielfach unbeachtet ist der Aspekt, dass Nutzungsaufgabe zum Artenrückgang führen kann. In Berggebieten und anderen benachteiligten Gebieten hat die Aufgabe der Landwirtschaft rasch eine Verbuschung und Bewaldung der Flächen zur Folge, einhergehend mit einem Verlust der größeren Artenvielfalt, wie sie Agrarflächen regelmäßig bieten. Unsere heutige Kulturlandschaft ist bedeutend artenreicher als die nacheiszeitliche Waldlandschaft.
"Die möglichst optimale Steigerung der Erträge pflanzenbaulicher Hauptkulturen, der Nutztiere und der in der Aquakultur verwendeten Arten durch Nutzung der kombinierten Ressourcen der modernen Biotechnologie (sprich: Gentechnologie) und die herkömmlichen Züchtungsmethoden...."
Die weiteren Ziele sind: Verbesserung der Nährwerte, Reduzierung der Verluste bei tierischen und pflanzlichen Erzeugnissen, Steigerung des Gebrauchs integrierter Verfahren zur Bekämpfung von Schädlingen und Krankheiten, Erweiterung der Nutzungsmöglichkeiten von Grenzstandorten (sprich: Salztoleranz, Trockenheitsresistenz, Kälteresistenz) und die Erhöhung der Effizienz der Stickstoffbindung und der Mineralstoffabsorption durch eine Symbiose höherer Pflanzen mit Mikroorganismen (sprich: Leguminoseneigenschaften bei anderen Kulturpflanzen).
Mit dieser Zielsetzung identifiziert der Bauernverband sich ebenso wie mit der Prämisse, unter der die Agenda 21 diese Ziele nennt: "Unter der Berücksichtigung der Tatsache, dass in vermehrtem Umfang angemessene Sicherheitsvorkehrungen ... getroffen werden." Die Entscheidung darüber, mit welchen Methoden gearbeitet werden soll, trifft dabei selbstverständlich jeder Landwirt, Züchter etc. in eigener Verantwortung für den eigenen Bereich.
Die Energiepotentiale aus der Biomasse sind schon heute hoch. So ließen sich allein aus Reststoffen wie Stroh und Gülle nennenswerte Energiemengen gewinnen. Entzieht man der Gülle über Biogasanlagen Energie, erhöht sich sogar die Eignung als Düngemittel. Der gesamte Brennwert der deutschen Ernte kann mit ca. 3500 Petajoule (PJ) angesetzt werden, wovon theoretisch etwa die Hälfte nutzbar ist, was 15% des Energieverbrauchs in Deutschland entsprechen würde. Die Landwirtschaft, die einen Energieverbrauch von ca. 300 PJ hat, ist damit einer der bedeutenden Energielieferanten der Zukunft, zumal bei energieoptimierter unmittelbarer Energieproduktion durch nur auf Massenertrag ausgerichtete Produktion von z.B. Getreideganzpflanzen erhebliche Steigerungsmöglichkeiten gegeben sind.
Gegenwärtig mangelt es noch vielfach an der Wirtschaftlichkeit derartiger Systeme. Durch eine Verbesserung der Technik sind hier Fortschritte möglich, wobei die festzustellende Tendenz der Politik, die Energiepreise allgemein anzuheben, zur Wirtschaftlichkeit der energetischen Nutzung von Biomasse beitragen wird.
Im Bereich der Luftverschmutzung wendet die Agenda sich betont den Ballungszentren zu. Die Probleme in den ländlichen Bereichen sind vergleichsweise geringer. Diese Erkenntnis verleitet die Landwirtschaft jedoch nicht dazu, ihre möglichen Beiträge zur Lösung des Problems zu verweigern. Sie hat im Gegenteil gerade in jüngster Zeit in der Vermeidung von Ammoniakemissionen bedeutende Erfolge vorzuweisen. (Siehe hierzu auch die Ausführungen zur Düngung). Weitere Erfolge, insbesondere im Bereich der Ausbringungstechnik, sind zu erwarten.
Für die Landwirtschaft geht es hier in erster Linie um die Länder, in denen undemokratische Systeme, Korruption und unzureichende ökonomische und soziale Rahmenbedingungen die ländliche Entwicklung blockieren.
Der vierte Teil heißt "Möglichkeiten der Umsetzung". Er besteht aus acht der insgesamt 40 Kapitel, von denen alleine vier den Bereichen Ausbildung, Wissenschaft, Technologie gewidmet sind. Wenn Geld der Mittelpunkt der Dinge ist, ist das erste Kapitel des vierten Teils das wichtigste.
Für die Landwirtschaft ist die Frage des Transfers von Know-how in die Entwicklungsländer von besonderer Bedeutung. Forschung und Entwicklung sind in Deutschland nicht nur für die eigenen Bauern zuständig. Das gilt auch für Möglichkeiten Know-how aus dem Bereich der landwirtschaftlichen Praxis zu transferieren, durch Praktikantenaustausch etc..
Ob nun durch die Umstellung auf bestimmte besonders extensive Formen des ökologischen Landbau oder durch spezielle Extensivierungsprogramme im konventionellen Landbau, die deutsche Landwirtschaft hat auch auf diesem Sektor Vorbildliches vorzuweisen. Sie kann dies allerdings nur soweit, wie ihr ökonomische Nachteile ausgeglichen werden. Nicht von ungefähr ist die Entwicklung z.B. des ökologischen Landbaus in denjenigen Bundesländern am zögerlichsten, in denen die staatliche Förderung in der Vergangenheit am schlechtesten ausgestattet war.
Das quantitative Trinkwasserziel der Agenda 21 ist mit 40 Liter pro Kopf und Tag benannt, qualitativ geht es nur um die nach unseren Maßstäben mehr als bescheidene Forderung "hygienisch einwandfrei". Hygienisch einwandfrei ist z.B. auch das Leitungswasser in Spanien, obgleich es zu den festen Gewohnheiten deutscher Spanienurlauber gehört, das Leitungswasser nur zum Waschen zu benutzen und Trinkwasser im Supermarkt zu kaufen.
In den meisten Entwicklungsländern ist man von dem obigen Ziel weit entfernt.
Für Deutschland, wo die Standards und die weiteren Ziele weit höher liegen, bedeutet das, dass es auch hier um die Verfolgung von Zielen außerhalb der Ziele der Agenda 21 geht. Die Landwirtschaft ist dabei in zwei Bereichen besonders gefordert.
Durch gezielte Zuchtprogramme werden Qualitätsmerkmale wie z.B. Fett- und Eiweißgehalt der Milch, Marmorierung des Fleisches oder Stabilität der Eischalen entsprechend den Wünschen der Verbraucher ständig verbessert.
Die BSE-Krise in Großbritannien hat den Anlass gegeben, eine zentrale Datenbank zur Erfassung der Rinder in Deutschland einzurichten. Sie bietet die Möglichkeit, die Tierbewegungen zu ermitteln und die Herkunft des Fleisches von der Ladentheke bis zum Landwirt zurückzuverfolgen. Die ersten BSE-Fälle in Deutschland wurden durch eine zusätzlich eingeführte Kontrolle bei älteren Schlachttieren aufgefunden. Inzwischen kann man die Aussage machen, dass Rindfleisch heute sicherer ist als je zuvor.
Der hygienische Standard war in der deutschen Tierproduktion schon immer besonders hoch. Aus Anlass der jüngsten Fälle von Schweinepest und anderer Seuchenprobleme hat es hier zusätzliche erhebliche Anstrengungen im Bereich der Hygiene und des Transportwesens gegeben.
Wie der Ernährungsbericht des Bundesgesundheitsministeriums ausweist, ist die Qualität der Nahrungsmittel noch nie so gut gewesen wie heute. Dies ist ein Beleg dafür, dass moderne Anbaumethoden die Qualität im Sinne einer Nährwertverbesserung positiv beeinflussen und eine rückstandsfreie Rohstoffbasis für die Weiterverarbeitung in der Lebensmittelindustrie produziert wird.
Die Gefahr von Rückständen kann heute für den Verbraucher praktisch ausgeschlossen werden. Die gute fachliche Praxis hat in diesem Bereich einen besonders hohen Stand erreicht. Außerdem gibt es in jüngster Zeit eine zunehmende Hinwendung der Landwirte zu speziellen Qualitätsmanagementsystemen, die das Vertrauen der Verbraucher zusätzlich stärken.
Die Verhaltensforschung beim Nutztier hat in den letzten Jahren erhebliche Wissenszuwächse erzielt, die die landwirtschaftliche Praxis sich zunehmend zunutze macht. Beispielsweise werden Stallneubauten für Milchkühe fast nur noch in der Form des Boxenlaufstalls, in dem die Tiere sich ganzjährig frei bewegen können, erstellt. Gerade gegenwärtig gibt es auch große Anstrengungen, die Haltung von Legehennen unter Beachtung der ökonomischen Bedingungen im Hinblick auf Tiergerechtigkeit zu verbessern. Dabei übersieht der Verbraucher aber allzu leicht, dass er es war, der die Preisniveaus und die ökonomischen Zwänge erzeugt hat.
Der Tierschutz ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie unsere gesellschaftlichen Ziele teilweise weit über die Ziele der Agenda 21 hinausgehen. Gezeigt wurden bereits Beispiele, in denen unsere menschlichen Ansprüche sehr hoch sind. Der Tierschutzes hingegen ist ein Beispiel dafür, dass wir ein Wertesystem haben, welches im internationalen Vergleich besonders anspruchsvoll ist. Die Landwirtschaft steht sowohl zu den höheren menschlichen Ansprüchen in unserer Gesellschaft als auch zu unserem Wertesystem in vollem Umfang. Sie legt aber auch Wert darauf, dass nicht missbräuchlich Begründungen aus dem Bereich der Agenda 21 herangezogen werden.
Aus den vorstehenden Beispielen wird deutlich, dass die gute fachliche Praxis nicht nur ein dynamischer Prozess ist, sondern dass sie sowohl innerhalb als auch außerhalb der Ziele der Agenda 21 von Bedeutung ist.